«Das Tiny-House-Movement ist aus der Philosophie des Minimalismus geboren und bezeichnet eine Gruppe von Menschen, die sich dem suffizienten Wohnen und Leben verschrieben haben. Suffizienz ist hier im Sinne der Soziologie und Nachhaltigkeit als ein Wandel in Richtung des genügsamen und einfachen Lebens gemeint.[i] In Amerika hat dieser Wohntrend schon in den 1920er Jahren begonnen und sich nach der Finanzkrise 2008 manifestiert. In den letzten Jahren hat dieser Trend noch einmal einen kräftigen Aufschwung erhalten, weswegen es sogar Serien wie Tiny House Nation[ii] gibt, die Einblicke in Bau und Beschaffenheit der modernen Mini-Häuser bieten. Minimalisten und Tiny-House Verfechter erstreben durch diesen Rückzug ins einfache Leben auch einen Verhaltenswandel zur Abkehr von der Ausbeutung und Zerstörung des Planeten Erde. Tatsächlich gibt es, so empfinde ich es, gute Hinweise darauf, dass ein gemäßigter Lebensstil, zu dem ich das Tiny House als Faktor hinzuzähle, die Gesellschaft positiv beeinflussen kann. Insofern ist es durchaus erstrebenswert und sinnvoll, das Tiny House auch im Sinne der Kommune vorzustellen.

Ich möchte mit einem Definitionsversuch starten. Typische Tiny Houses (wörtlich: „winzige Häuser“) weisen eine Größe von 15-45 m2 auf, in Amerika dürfen sie hingegen nicht mehr als 37 m2 Fläche aufweisen. Es gibt feste Häuser, genauso wie es zirkuswagen- oder wohnwagenähnliche mobile Tiny Houses gibt. Bisher gibt es in Deutschland noch sehr viel weniger gesetzliche Bestimmungen als in Amerika (was vielleicht gar nicht unbedingt schlecht ist). Fest steht jedoch, dass mobile Tiny Houses natürlich an den Straßenverkehr angepasst sein müssen, sie dürfen als beispielsweise nicht breiter als 2,55m sein. 

Wegen der kleinen Größe der Häuser hat sich eine ganz eigene minimalistische Baukunst entwickelt. So wird versucht, möglichst viel an Platz zu sparen, damit die Bewohner noch genügend Freiraum für sich oder sogar für ihre Familie haben. Es kommt nicht selten vor, dass Tische ausgeklappt werden und Treppen nach oben in den Loft (wo meist das Schlafzimmer liegt) verschiebbar oder zusammenbaubar sind. In manchen Fällen sind die Anwender sogar so kreativ, dass Möbel kombiniert werden (etwa die Treppe und das Bücherregal. Wie das aussieht wirst du bestimmt auf deiner liebsten Streamingplattform entdecken können. 

Natürlich haben Tiny Houses auch all das, was normale Häuser haben: Sanitäranlagen, Schlafzimmer, Wohnzimmer, Küche (mit Dusche oder seltener auch Badewanne), Elektronik … nur eben alles sehr viel kleiner. Durch die Größe wird der Tiny House Besitzer schnell zum pragmatischen Erfinder, wird aber auch schnell dazu gebracht, unnötigen Krempel zu entsorgen und sich auch nicht neu zu kaufen. Im Tiny House kann nur das genutzt werden, was wirklich gebraucht wird. Anstatt 30 verschiedene Jacken zu haben, sind hier vielleicht nur 3 sinnvoll (oder möglich). Anstatt 50 Steckdosen hat man hier eben nur zehn. Anstatt drei Arbeitsplatten passt hier nur eine Arbeitsplatte hinein. Wer an einem Tiny House für sich selbst interessiert ist, der sollte dies bedenken. Es kann manchmal ganz schön eng werden.

Was kostet ein Tiny House denn eigentlich? Einen einheitlichen Preis gibt es tatsächlich nicht, dies ist auch von Anbieter zu Anbieter unterschiedlich und natürlich von den Anforderungen abhängig. Teurer als 100.000€ sollte ein Tiny House mit kompletter Ausstattung auf jeden Fall nicht sein. Eine Ausnahme sind möglicherweise nachhaltige Bauarten, die auch erneuerbare Energien verwenden (Solaranlagen) und Off-Grid-Möglichkeiten einbauen (Selbstversorgungsmöglichkeiten wie Regenwassergewinnung und -nutzung). Es gibt jedoch auch Anbieter, die voll ausgestattete Tiny Houses im Preis von 30.000€ bis 50.000€ verkaufen. Der Preis kann noch einmal deutlich fallen, wenn die Einrichtung selbst eingebaut wird. Hinzu kommt, dass manche Anbieter auch die Möglichkeit geben, selbst an dem Tiny House anzupacken. Das hat nicht nur einen Erlebniswert, sondern führt auch zur höheren Wertschätzung und geringeren Kosten. Es kommt natürlich bei den Kosten auch darauf an, wer den Kredit vergibt und wie viel bereits angespart wurde. Grundsätzlich gibt es jedoch bereits Banken in Deutschland, die einen Tiny House Kredit auf bis zu zehn Jahre vergeben. Wer ein Tiny House ernsthaft in Erwägung zieht, der sollte sich gut überlegen, welche Möglichkeiten in Betracht gezogen werden. Denn die Schwierigkeit beim Kauf einen Tiny Houses liegt – zumindest in Deutschland – nicht unbedingt an der Finanzierung oder in der Herstellung, sondern im Grundstück.

Tiny House Grundstücke sind bisher rar gesät. Es gibt inzwischen zwar einige Anbieter von Tiny House Siedlungen, bei denen Tiny House Besitzer ein Grundstück pachten oder kaufen können, allerdings sind diese Grundstücke meist nicht nur extrem klein, sondern auch nicht unbedingt in einer guten Lage. Zugegeben, wer ein Tiny House kaufen möchte, hat meist den Hintergedanken, ein eher ländliches Leben zu führen. Dennoch würde ich für mich immer eine Anbindung an eine nächstgrößere Stadt in mindestens einer Stunde Entfernung wünschen. Hinzu kommt, dass es schnell ziemlich kompliziert werden kann, wie das das Grundstück gekauft wird. Ich habe bisher noch keinen Kredit gefunden, der den Kauf von Tiny House und Grundstück gemeinsam ermöglicht, sodass beides in der Regel eher als einzelne Kredite finanziert werden muss (Ergänzung 17.09.22: Es gibt den Kredit von der Ethik-Bank, bei der dies ermöglicht wird, jedoch ist die Summe auf 125.000€ beschränkt, womit in mancher Hinsicht Abstriche gemacht werden müssten). In dem inzwischen nicht mehr überschaubaren Dschungel an Bürokratie in Deutschland können Tiny-Begeisterte und Minimalisten schnell einen Dämpfer verpasst bekommen, wenn es um den Wunsch geht, sich ein Tiny House zu kaufen. 

Mit der folgenden Checkliste möchte ich die notwendigen Schritte auflisten, die der Wunsch eines Tiny Houses mit sich zieht:

Checkliste

  1. IST-Zustand erfassen
  2. Bei Tiny-Anbietern informieren & Probewohnen
  3. Wünsche und Anforderungen formulieren
  4. Finanzierung und Kosten klären
  5. Passendes Grundstück suchen 
  6. Kredit prüfen und Vorhaben mit der Bank klären
  7. Zweite Meinung bei Familien & Freunden einholen
  8. Auftrag erteilen

Der Vorteil, den ein Tiny House bietet, lässt sich nicht nur langfristig über Nachhaltigkeit und Suffizienz berechnen. Ein Tiny House kann zudem als passives Einkommen dienen, indem Interessierten ein Probewohnen und eine Urlaubsherberge im Tiny House Stil ermöglicht wird. Wer weiß schon, ob Tiny Houses nur ein Trend bleiben oder langfristig das Zusammenleben revolutionieren? Im Tiny House zu wohnen ist jedenfalls eine Erfahrung, die ich jedem empfehlen möchte. Vielleicht ist es auch für bestimmte Menschen gar nichts. Auch ich werde vermutlich nicht für immer in einem Tiny House wohnen. Aber ich möchte auch einfach wissen, ob ein solches bescheidenes Leben nicht auch glücklicher macht.

In Bezug auf die Kommune halte ich dieses Konzept (bisher) für sehr geeignet. Die Größe des Hauses sorgt eh dafür, dass sich Menschen mehr außerhalb ihrer vier Wände aufhalten. Dadurch kann die Gemeinschaft mehr Zeit am Lagerfeuer oder im Gemeinschaftsraum (der durchaus größer sein darf) verbringen. Ich glaube auch, dass Menschen, die sich zusammenschließen und die verschiedensten Fähigkeiten haben, in der Lage sind, selbst handwerklich tätig zu werden und Tiny Houses zu bauen und zu pflegen. 

Sind Tiny Houses das Konzept der Zukunft? Nun, es mag hart klingen, aber in vielen Metropolen und Großstädten der Welt wohnen die Menschen bereits auf ähnlicher m2-Größe und zahlen einen irren Preis. Mir scheint es so, dass der Immobilienmarkt immer skrupelloser wird. Zudem haben diejenigen Menschen einen Vorteil, die eine Immobilie abbezahlen, da Wohnen zur Miete – verzeih mir diesen Ausdruck – rausgeschmissenes Geld ist. Natürlich sind Investitionen immer mit Risiken verbunden, aber wer sich ordentlich informiert, hat gute Chancen, ein Grundstück und ein Tiny House für unter 100.000€ zu finden, sodass nicht für den Rest des Lebens ein Kredit getilgt werden muss und eine gewisse Sicherheit aufgebaut werden kann. Und wer nach einigen Jahren kein Gefallen mehr an Tiny Houses findet, der kann die winzigen Häuser eben wieder verkaufen oder an Interessierte vermieten.

Es gibt kein Patent-Rezept für zufriedenes und nachhaltiges Wohnen, aber Tiny Houses – so finde ich – bieten eine gute Gelegenheit, herauszufinden, wie dies aussehen kann. Ob eine Kommune letztlich auf Tiny Houses zurückgreift liegt auch an den eigenen Ressourcen und Wünschen, die eingebracht werden. Ein Tiny House ist definitiv mehr als eine zeitlich begrenzte Lösung. Es bietet den Charme eines heimeligen Wohnens und macht bewusst, was die wirklich wichtigen Dinge im Leben sind. Daher wird dieser Trend auch nicht allzu bald von der Bildfläche verschwinden. Da bin ich mir sicher.»

Hier das Buch „Leben in Kommunen – Ein Gesellschaftsmodell zur spirituellen Weiterentwicklung der Menschheit“ bestellen.


Quellen

[i] Felix Ekardt. (2016). Suffizienz: Politikinstrumente, Grenzen von Technik und Wachstum und die schwierige Rolle des guten Lebens. Soziologie Und Nachhaltigkeit, 2(1). https://doi.org/10.17879/sun-2016-1755

[ii] Netflix (2021). Tiny House Nation USA. Online Verfügbar. https://www.netflix.com/de/title/81016914

Wer Wasser predigt, sollte nicht Wein trinken. Zur gestrigen Debatte im Bundestag (17. März 2022) möchte ich einmal die Zeit nutzen, um die Fehlentscheidungen der vergangenen zwei Jahre zu reflektieren – und zu verzeihen. Mein neuestes Buch „Psychologie der Rache“ hilft mir hierbei.

Es war ein Satz, der in Anbetracht der damaligen Lage geradezu lächerlich klang: Jens Spahn sagte noch im April 2020: „Wir werden in ein paar Monaten wahrscheinlich viel einander verzeihen müssen.“

Mittlerweile hält die Pandemie nun knapp zwei Jahre an. Vermutlich hätte niemand gedacht, was in dieser Zeit alles möglich gewesen ist – wer eben jene Ereignisse prophezeit hätte, wäre entweder als Verschwörungsschwurbler abgestempelt worden oder eingewiesen. Ich möchte die Vorkommnisse an dieser Stelle nicht erneut revidieren, das haben sehr kluge Köpfe wie Gunnar Kaiser, Ulrike Guérot und viele andere schon zu Genüge getan.

Wer aber die damaligen Zeilen des Tagesspiegels von April 2020 liest, der wird aber zumindest nicht um ein Lächeln herumkommen:

Je länger die Covid-19-Bekämpfungsdebatte anhält, desto vernehmbarer werden Untertöne und Mutmaßungen. Will die Regierung eine Bewegungs-App, um uns zu überwachen? Schränkt sie elementare Freiheitsrechte ein, um uns zu kontrollieren? Plädiert sie für Abstandsgebote und Kontaktsperren, weil ihr Wirtschaft und Wohlstand dieses Landes egal sind?

Absurditäten dieser Art schleichen sich zunehmend in den Diskurs, und in die Vorhaltungen mischt sich Ungeduld. Kein Wunder, dass selbst die Kanzlerin mit dem Begriff „Öffnungsdiskussionsorgie“ ihre Contenance verlor.

Lehming, Tagesspiegel (2020)

Noch heute verurteilen Medien und Politiker selbst kleine Öffnungsschritte in einem ähnlichen Ton wie Angela Merkel damals mit dem Begriff „Öffnungsorgie“.

Viele Verschwörungstheorien sind mittlerweile leider wahrgeworden. Obwohl lange „als bösartig und absurd“ (Kretschmer, MP Sachsen) bekämpft, ist der Plan einer Impfpflicht realer denn je, Daten aus Corona-Apps können mittlerweile zur Strafverfolgung genutzt werden, die Bevölkerung wurde bewusst in Angst und Schrecken vor dem Virus versetzt, ungeimpfte Menschen wurden (und werden) mit Beschimpfungen wie „asozialer Trittbrettfahrer“ aus dem öffentlichen Leben geschmissen, Kabarettisten und Kritiker des offiziellen Diskurses werden diskreditiert oder von Veranstaltungen ausgeladen, die freie Meinung in öffentlich-rechtlichen Sendern wird unterbunden, Wissenschaft wird einseitig gefördert – es kommen immer die gleichen Wissenschaftler zu Wort und werden auch noch mit dem Begriff „false balance“, das Bundesverfassungsgericht nickt einfach alles ab (oder besser: alles Entscheidende), was die Regierung beschließt, der Geisterfahrer-Maßnahmen-Kurs von Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern nimmt kein Ende,
und und und …

Aber irgendwann wird jeder einmal an den Punkt gelangen, an dem nicht mehr nur die eigene Verleugnung, Verhandlung, Wut oder Resignation die Reaktion auf die Hilflosigkeit gegenüber der Politik ist. Irgendwann ist man dieses Gefühls-Chaos überdrüssig und spürt, dass nun das Leben weitergelebt werden muss – ohne Reue, ohne Vorwürfe, ohne Schuldzuweisungen, ohne Trauer.

Inzwischen haben wir uns genug aufgeregt, empört, widersetzt, gehasst, verbittert, besorgt, argumentiert, gestritten, beschimpft, verleumdet, gewundert…

Wir haben mittlerweile genug Hetze und Hass gesehen, ob nun durch Schuldzuweisungen an ungeimpfte Menschen oder durch Beleidigungen und Diffamierungen gegen Menschen mit alternativen Meinungen zum Mainstram.

Nun wollen wir verzeihen, wollen wir einander wieder in die Arme nehmen, wollen wir Menschen mit anderen Ansichten und Perspektiven tolerieren. Denn es ist nicht schlimm, andere Meinungen zu haben – es ist nur schlimm, diese Meinung einander aufzuzwingen.

Wie aber kommen wir von dem derzeitigen, völlig radikalisierten, illusionierten, pervertierten und abstrusen Zustand wieder zu einer gemäßigteren Ausgangslage? Ist das wirklich so leicht, wie es sich anhört?

Ganz und gar nicht! Gewissermaßen erfordert es viel Zeit und Mühe, verspricht dafür aber auch wesentlich mehr Seelenfrieden als der bisherige Weg, den wir eingeschlagen haben.

Ganz im Sinne meines Buches „Psychologie der Rache“ ist hierfür das Gefühl der Kohärenz notwendig. Kohärenz beschreibt im Grunde genommen die „Stimmigkeit“ oder das „Selbstverständnis“, mit der sich ein Mensch in der Welt bewegt. Ich kann mit Sicherheit behaupten, dass die allermeisten Menschen derzeit in einem Zustand der Inkohärenz leben – sei es, weil sie glauben, dass die Pandemie nur mit einer Impfpflicht bewältigbar sei oder weil sie glauben, dass jede Maßnahme grundsätzlich schlecht und böse war. Natürlich gibt es auch Positionen dazwischen, aber die bürgerliche Mitte hat sich längst in radikale(re) Positionen verschoben.

Wie stellen wir also das Gefühl der Kohärenz wieder her? Meine Antwort darauf ist das buddhistische Konzept „Dukkha“ (die erste Wahrheit der edlen vier Wahrheiten), was so viel wie „das Leben ist Leiden, alles Leiden ist vergänglich“ bedeutet.

Im Kontext des aktuellen Zeitgeschehens (ob es nun die Pandemie, der Krieg oder die weltweiten Hungersnöte sind) könnte Dukkha viele Bedeutungen haben.

Vielleicht könnte Dukkha bedeuten, dass die notwendigen Übel akzeptiert und integriert werden müssen? Klingt abstrakt, hat aber einen ganz realen Bezug: Was sich vorerst nicht ändern lässt, dürfte wesentlich leichter zu ertragen sein, wenn man sich damit auseinandersetzt. Nicht nur auf einer intellektuellen Ebene, sondern auch auf einer emotionalen. Und um sich emotional mit etwas zu beschäftigen braucht man eine gute Verbindung zu sich selbst. Also sollten wir vielleicht weniger auf äußere Ablenkungen setzen und mehr auf innere Impulse.

Vielleicht könnte Dukkha auch bedeuten, dass Freude und Leid für jedes Individuum zum rechten Zeitpunkt kommen werden – und sich damit natürlich auch das Karma einstellt, was sich jemand selbst aufbürdet. Tue Gutes und dir widerfährt Gutes. Tue Schlechtes und dir widerfährt Schlechtes. Klingt eigentlich ganz leicht. Ist es auch. Sagen wir mal es gäbe so etwas wie Karma. Vergiss das Karma von anderen – wie sieht es mit deinem Karma aus? Hast du dir in dieser Zeit mehr Karma aufgelastet oder etwas von deinem Karma abgebaut?

Vielleicht bedeutet Dukkha auch, dass Freude im Leben nicht vom Leid abhängig ist. Die Politik macht dir das Leben schwer? Oder Impfgegner? Dann mach es dir verdammt noch mal wieder leicht! Du bist für dein eigenes Schicksal verantwortlich, und das auch in einer Zeit, in der der Kollektivismus wieder schwer im Trend ist. Die Abkehr von der Gesellschaft ist immer zugleich auch eine Chance auf Individualisierung und damit auf Heilung. Das hat Erich Fromm so gut beschrieben wie kaum ein anderer Denker.

Dukkha ist sicherlich kein Patentrezept, kann aber bei Realisierung einen wichtigen Beitrag für das eigene Kohärenzempfinden leisten.

Schlussendlich ist Vergebung immer ein steiniger Weg, der viel Ressourcen (Geduld, Zeit, Einsicht) benötigt. Ich habe in meinem Buch „Psychologie der Rache“ mehrere selbst entwickelte Modelle integriert, die dich womöglich interessieren könnten.

Ich bin mittlerweile an dem Punkt der Vergebung angelangt. Die letzten zwei Jahre werden eh nie so aufgearbeitet werden, wie sie es eigentlich müssten. Vielleicht in ein paar Jahrzehnten, aber nicht jetzt, wo es gebraucht werden würde. Wofür also aufregen? Warum sollte ich mein Kohärenzempfinden für einen Weg verschwenden, der ohne Zweifel eine Einbahnstraße ist?

In gewisser Weise ist der Ausweg aus dieser Pandemie für mich die völlige Ausweglosigkeit. Erst wenn jeder Mensch seinen eigenen Irrgarten erkennt, seinen Irrtum eingesteht (dass die eigene Meinung wichtiger als das soziale Geschehen ist) und anfängt zu verzeihen, können wir auch kollektiv Heilen. Heilung beginnt also beim Individuum, überträgt sich aber auch aufs Kollektive.

Als Beleg für diese Behauptung lassen sich diverse Erzählungen anführen: Etwa die biblische (und wohl weltweit bekannteste) Geschichte von Jesus von Nazareth, aber auch die buddhistische Geschichte von Buddha und dem Mann, der ihm ins Gesicht spuckte. Es gibt aber auch gegenwärtige Beispiele für die Kraft der Vergebung, etwa den Dalai Lama, der der chinesischen Regierung für die Besetzung Tibets und Ermordung der Mitglieder seines Volkes verziehen hat. Die Vergebung dieser Menschen wird das entstandene Leid sicherlich nicht ungeschehen machen, dafür aber relativeren.

Auch ich möchte wieder mehr relativieren können. Ich möchte wieder mehr den Fokus auf die wirklich wichtigen Dinge legen. Auf meine Arbeit, meine Hobbys, meine Freundin, Freunde und Familie und natürlich auf mich selbst. Und das kann ich nun mal nicht so gut, wie wenn ständig etwas in meinem Nacken sitzt, was mich in meiner Würde, Selbstbestimmung und Freude hemmt.

Ich werde schon sehr bald 24. Viele junge Menschen in meinem Alter sprechen davon, dass Ihnen durch die Pandemie (bzw. durch andere Menschen) ihre Zeit zum Feiern, für die Uni, für Liebschaften und vieles mehr genommen wurde. Aber für mich klingt dies sehr stark nach unverarbeitetem Groll. Alle Menschen haben extreme Verluste in dieser Zeit zu beklagen – vielleicht sogar, weil andere Menschen böse oder ignorante Absichten hatten. Aber darum geht es eben für mich nicht. Diese Ansicht führt uns nur in den Abgrund.

Wenn ich auf diese Zeit zurückblicke, dann weiß ich, dass es kein leichter Weg war, aber dass ich immer für mich eingestanden habe, für meine Werte eingetreten bin und meine Zeit genossen habe. Und wenn der ein oder andere sich dieselbe Zeit zum Reflektieren nimmt, wird er möglicherweise auf dasselbe Ergebnis kommen … ganz ohne Schuldzuweisungen.

Herzlich
Tristan

P.S.: Natürlich schreibe ich über Vergebung nur aus meiner Perspektive und vergeben tue ich auch nur für mich. Ich glaube nicht, dass ich den Anspruch habe, eine kollektive Entschuldigung mit diesem Blogbeitrag zu verfassen. Jeder sollte dies mit sich selbst ausmachen. Mein Beitrag kann hierfür eine kleine Anregung sein, den eigenen Groll zu überwinden.


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☼Setz dich in Bewegung und die Welt mit dir ☽

Ganz im Sinne von Fromm möchte ich einmal reflektieren, was der Aufbruch in die „Normalität“ (also im Grunde die alten Freiheiten), von der nun viele Medien und Politiker sprechen, für uns gesellschaftlich bedeutet.

Derweil überschlagen sich nämlich die Ereignisse: Bayern und andere Bundesländer wollen die geplante Teil-Impfpflicht aussetzen, die allgemeine Impfpflicht wird immer unwahrscheinlicher, sogar Österreich gedenkt, das bereits umgesetzte Gesetz wieder zu kippen. Während die Omikron Welle ihren Peak erreicht hat, sprechen Politiker wie Kubicki (FDP) von einer Beendigung aller Maßnahmen zum 20. März, andere wie Ministerpräsident von NRW Wüst (CDU) oder Lauterbach würden ihre Befugnisse gerne noch behalten. Am liebsten die nächsten 30 Jahre. Aber die Welle ist schon losgetreten, das Lockern hat schon begonnen – langsam aber sich fällt die 2G+ Mauer und wird zu 2G, vielleicht ist die Diskriminierung bald sogar endgültig Geschichte und wir kommen zu 3G. Oder – ich mag es mir kaum ausmalen – vielleicht kommen wir sogar zu 0G zurück (wie nun die österreichische Regierung angekündigt hat).

Die ganzen Meldungen, mit denen die Medien und Politik die Bevölkerung bombardieren, ersticken nahezu die eigentliche Freude, dass eine Normalität wieder denkbar ist.

Aber eigentlich sollte sich niemand freuen müssen, dass der bisherige bzw. „alte“ Zustand der Gesellschaft wieder denkbar ist. Schließlich heißen die Grundrechte auch so, weil sie fortwährend Gültigkeit haben müssten. Grundrechte werden nicht von der Regierung als Bonus für Staatshörigkeit verteilt.

Aber nun, da wir uns einmal gegen die Wand gefahren haben und so tiefgreifende Veränderungen erlebt haben – insbesondere im psychosozialen Bereich – taucht die Frage auf, ob ein schnelles Zurück zur Normalität überhaupt sinnvoll ist. Nach zwei Jahren Unterdrückung der verschiedensten Bedürfnisse (Sicherheit, soziale Zugehörigkeit, Individuelles, Selbstverwirklichung) könnte ein Zurück zum Ursprungszustand nur eine Verschlimmerung der Situation bedeuten.

Wie komme ich darauf?

Von verängstigten Eltern lernen

Zwei Jahre Politikpandemie haben ihre Wunden hinterlassen. Ganz deutlich kann man dies an den panischen Eltern erkennen, die Angst vor einer „Durchseuchung“ in den Schulen und Kindergärten haben. Zwei Jahre Opfer bringen für die Gesundheit, haben letztlich den eigenen Sicherheitswahn als Freiheit erscheinen lassen.

Die Einstellung der verängstigten Eltern: Wenn der (so politisch vermittelte) übermächtige Feind SARS-CoV-2 die Kinder treffen würde, würde dies nicht ohne Folgen bleiben – auch, wenn die Kinder vielleicht nicht unmittelbar krank werden würden – zumindest würden PIMS oder Long-Covid eine Gefahr darstellen. Darum erscheint eine Verhinderung der Infektion um jeden Preis günstiger. Denn auch, wenn für die Verhinderung der Infektion viele Beeinträchtigungen in Kauf genommen werden, so sind diese doch nur ein geringer Preis für die Erhaltung der Gesundheit (welche letztlich auch ein limitierender Faktor der Freiheit ist).

Diese Einstellung geht so weit, dass Fakten völlig ignoriert werden und Menschen beschimpft werden, die diese Fakten sachlich teilen wie etwa die Schleswig-Holsteiner Bildungsministerin Karen Prien.

Aber abseits von Beschimpfungen ist diese Einstellung nicht zu verurteilen: Denn das überhöhte Bedürfnis von Eltern, das eigene Kind zu schützen, ist völlig verständlich. Und letztlich resultiert dieses überhöhte Bedürfnis nur aus der völlig miserablen Kommunikation über SARS-CoV-2 in den letzten zwei Jahren.

In anderen Ländern wie Schweden und Dänemark scheint es dieses Problem der Polarisierung und Verängstigung nicht zu geben – hier wurde eher auf eine Kommunikation gesetzt, die die Bürgerinnen und Bürger in die Politik mit einbindet. Auch in Deutschland macht es den Anschein, als ob die Bürgerinnen und Bürger mit der Politik zufrieden sind: Allerdings ließe sich sozialwissenschaftlich und psychologisch sehr schnell wiederlegen, dass diese Umfragen das tatsächliche faktische Denken der Menschen in Deutschland widerspiegeln. Denn Angst setzt letztlich bekannter Weise das rationale Denken aus.

Wir haben es hier also mit einem hausgemachten deutschen Problem zu tun. Während sich unsere Nachbarländer ohne große Probleme den Weg aus der Pandemie bahnen, werden wir noch länger mit dem Vertrauensverlust in Politik, Medien, Wissenschaft und sogar unsere Mitmenschen zu kämpfen haben.

Letztlich war unsere Kommunikation der letzten zwei Jahre einfach formuliert: „Jeder ist ein Feind. Jeder könnte dieses Virus übertragen und darum sind nur diejenigen meine Freunde, die sich an die Regeln halten. Ich erkenne meine Freunde nur an den Regeln, den anderen ist meine Gesundheit nicht wichtig. Wer die Regeln des Staates ehrt, der ehrt auch mich. Wer den Staat ehrt, der ehrt auch mich. Wenn ich den Staat ehre, ehren mich auch die anderen.“

Dass der Nutzen von Kontaktbeschränkungen, Masken, Lockdowns und sogar Impfungen in Bezug auf die Ansteckung (Infektiosität) mehr als miserabel ist, ist ein sehr neues mediales Erzeugnis. Erst seit kurzer Zeit ist einer großen Masse an Menschen bewusst geworden, dass die staatlichen Maßnahmen nicht die Eigenverantwortung ersetzen können. Erst jetzt kommen Berichte in den großen Medien darüber, wie gut Vitamin D vor einem schweren Covid-19-Verlauf schützen kann. Auch die Politik scheint diese Erkenntnisse langsam (sehr, sehr, sehr langsam) zu verarbeiten. Aber auch diese Meldungen haben das Vertrauen nicht verbessert, im Gegenteil: Da erst jetzt dem Großteil der Menschen bewusst wird, dass die Kommunikation so fehlerhaft war, in einigen Fällen sogar bewusst falsch und manipuliert, verschlimmbessert dies nur das deutsche Vertrauensverhältnis.

Über positive und negative Freiheit

Nicht für jede Art der Freiheit ist das Vertrauen in sich und die Gesellschaft entscheidend. Laut Fromm gibt es eine positive Art und eine negative Art der Freiheit (vgl. Furcht vor der Freiheit S. 31, 51, 83, 93, 105 ff.)

Für die negative Freiheit kommt es nicht auf das Vertrauensverhältnis an (eine stärkende und bindende zwischenmenschliche Kraft), sondern auf das Verhältnis zu bestimmten Zwängen. Die negative Freiheit ist als eine „Freiheit von“ etwas. Die Freiheit von Maßnahmen, Impfungen, gesellschaftlichen Konventionen etc. kann nur eine negative Freiheit sein. Dies begründet Fromm damit, dass eine neugewonnene Freiheit auch ein Fluch sein kann. In der Menschheitsgeschichte (und in vielen Mythen wie der biblischen Geschichte von Adam & Eva) war dies nur allzu häufig der Fall. Die neu gewonnene Freiheit gibt dem Menschen die Möglichkeit, sich auf eine neue Art zu verwirklichen. Doch wenn er nicht weiß, wie er sich verwirklichen soll, fühlt er sich verängstigt, verflucht und allein gelassen.

Die Eltern und Kinder, die nun zwei Jahre lang viel Geduld aufgebracht haben und viele ihrer Freiheiten aufgegeben haben, um sich und ihre Liebsten zu schützen, sollen nun ohne „Schutz“ zurückgelassen werden. Wofür sollten sie diesen „Fluch“ der Freiheit eingehen? Vielleicht haben sich diese Menschen mittlerweile an ihre Umstände gewöhnt, die Maßnahmen und Masken lieben gelernt? Denn wie Fromm so ausführlich beschreibt, kann die Freiheit immer auch ein Fluch sein. Ein Fluch, sich mit dem beschäftigen zu müssen, was vorgefallen ist, ob es wirklich nötig war, ob die Maßnahmen vielleicht sogar mehr geschadet haben.

Dies wird am Ende die Freiheit der deutschen Gesellschaft sein müssen: Zu verstehen, wie es passieren konnte und zu erkennen, dass viel Leid verursacht wurde (und nach wie vor wird).

Mit jeder negativen Freiheit gewinnt der Mensch aber auch eine positive Freiheit hinzu.

Nachdem er die primären Bindungen, die ihm Sicherheit gaben, durchtrennt hat und der Welt als völlig separater Größe gegenübersteht, bleiben ihm zwei Möglichkeiten, den unerträglichen Zustand seiner Ohnmacht und Einsamkeit zu überwinden. Der eine Weg führt in die „positive Freiheit“. Der Mensch hat die Möglichkeit, spontan in Liebe und Arbeit mit der Welt in Beziehung zu treten und auf diese Weise seinen emotionalen, sinnlichen und intellektuellen Fähigkeiten einen echten Ausdruck zu verleihen. Auf diese Weise kann er mit seinem Mitmenschen, mit der Natur und mit sich selbst wieder eins werden, ohne die Unabhängigkeit und Integrität seines individuellen Selbst aufzugeben. Der andere Weg, der ihm offen steht, ist der zu regredieren, seine Freiheit aufzugeben und den Versuch zu machen, seine Einsamkeit dadurch zu überwinden, dass er die Kluft, die sich zwischen seinem Selbst und der Welt aufgetan hat, zu beseitigen. Dieser zweite Weg kann niemals zu einer solchen Einheit mit der Welt führen, wie sie war, bevor der Mensch zum „Individuum“ wurde, denn seine Lostrennung lässt sich nicht rückgängig machen.

(Regredieren: auf eine niedrigere, frühere Entwicklungsstufe zurückfallen)

Fromms Schilderungen übertragen auf die Corona-Pandemie bedeuten bei einer Verwirklichung der positiven Freiheit einer Umkehr des radikalen Kollektivismus, hin zum Individualismus und Anthropozentrismus. Der von Leid geplagte Weg hat insofern noch kein Ende, dass zwar die Maßnahmen Stück für Stück aufgehoben werden können, der Mensch sich aber erst noch darüber bewusst werden muss, was er für seine (teils wahnhaften) Vorstellungen aufgegeben hat. Die Reindividualisierung ist also zum einen ein schmerzhafter Prozess der Einsicht (im Tarot symbolisiert durch drei Schwerter, die das Herz durchstechen), zum anderen ein sehr produktiver und fruchtbarer Prozess.

Vermutlich haben gerade deshalb viele Politiker „keine Lust“ auf das Ende der Pandemie, weil so ein Prozess der Reinigung und Aufarbeitung stattfinden würde. Viele Entscheidungen könnten in einem anderen Licht erscheinen. Mit genügend Distanz könnte sogar das Fehlverhalten vieler Politiker erkannt werden.

Es reicht nicht aus, den Aktionismus für die Entscheidungen einzelner Menschen verantwortlich zu machen. Auch Maßnahmen können mit Sinn und Verstand getroffen werden. Und genauso brauchen wir auch jetzt zum einen eine sinnvolle Öffnung (für die Freiheit, Gesellschaft…), zum anderen notwendigerweise eine Aufarbeitung. Denn dies, was uns geschehen ist, darf sich nicht noch einmal wiederholen.

In der Geschichte wurden schon häufig im Namen der Sicherheit bestimmte Freiheitseinschränkungen getätigt. Nur selten sind diese gut ausgegangen. Und noch seltener hat eine Rückgabe der Freiheiten ganz ohne Probleme stattgefunden. Um unsere Furcht zu mindern und unsere Motivation zu erhöhen, wäre es also auf kommunikativer Ebene sinnvoll, eine „Freiheit zu“ etwas in Aussicht zu stellen.

Dies kann natürlich nicht die Verantwortung des Einzelnen übernehmen, sich vom Kollektivismus zu lösen. Doch die Gesellschaft hat nun auch die Aufgabe, das Individuum an die Hand zu nehmen, bis es wieder eigenständig laufen kann und will. Sonst droht uns die nächste Krise in nicht allzu ferner Zeit.

Wenn also die Frage gestellt werden darf: „Wie gehen wir nun um mit unserer Furcht vor der Freiheit?“, dann lohnt sicherlich zum einen ein Blick in die Psychologie- und Geschichtsbücher. Zum anderen lohnt es sich aber auch, einmal darüber nachzudenken, wie das Individuum sinnvoll das Geschehene verarbeiten kann. Die Pandemie zu vergessen wird uns nicht davor bewahren, unsere Fehler nochmal zu machen. Auch die Dokumentation und Nacherzählung (vornehmlich in der Schule) scheint hier nur unbefriedigende Ergebnisse zu erzielen.

Vielleicht ist es Zeit für etwas Neues.

Herzlich
Tristan


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Dieser Podcast ist ungewöhnlich, denn hier geht es ums Ganze. In spannenden Folgen sollen die Ideen unterschiedlichster Denker der Philosophie und Spiritualität deinen Horizont bereichern und ein Bild von Lebendigkeit und Beseeltheit erschaffen. Sei es nun zum Thema Gesundheit, Natur oder Selbsterkenntnis – alles hängt zusammen.

Außerdem wird Tristan dir ganz persönliche Geschichten und Erlebnisse aus seinem Leben erzählen. Was hat ihn zu dem tiefgründigen und spirituellen Menschen werden lassen, der er heute ist? Antworten dazu findest du in diesem Podcast oder auf seiner Webseite.

Aber keine Sorge, dabei kommst du nicht zu kurz. Die verschiedenen Perspektiven, die dir beim DENK MAL Podcast geboten werden, sollen DICH zum Reflektieren anregen. Was wäre all dieses Wissen wert, wenn du es nicht anwendest?

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Überraschung, Überraschung: Es gibt schon wieder ein neues Buch von mir! Damit sind es schon drei neue dieses Jahr… man munkelt, dass ich fleißig war. Jedenfalls stelle ich dir in diesem Blogartikel vor, worum es in diesem Buch geht. Kleiner Spoiler: „Die Würde des Ungeimpften“ ist ein Manifest von mir und Christopher Reusch gegen die Diskriminierung von ungeimpften Menschen!

Teil 2 des Trailers könnt Ihr hier ansehen

Medienecho:

Pressemeldung bei OpenPR
Gastbeitrag bei 1bis19
Gastbeitrag bei KaiserTV

Mein fünftes Buch: „Die Würde des Ungeimpften“

Kurzinfos:

Kaufen bei Tredition
Auch erhältlich bei: Amazon | Thalia | Hugendubel | buecher.de & Co.

Titel: Die Würde des Ungeimpften – Ein Freiheitsgelübde in Kurzgeschichten
Kosten: Hardcover 13€ | Softcover 25€ | eBook 9,99€€
ISBN: Hardcover 978-3-347-47754-4  | Softcover 978-3-347-47752-0  | eBook 978-3-347-47757-5
Verlag: Tredition
Seitenzahl: 254
Wörter: ca. 48.000
Format: DIN Taschenbuch (19×12,5cm)
Veröffentlichungsdatum: 1. Dezember 2021
Leseprobe: auf Tredition

Der Klappentext zum Buch lautet:

Die COVID-19-Pandemie wird ein historisches Ereignis für die Menschheit sein. Nicht, weil die Menschheit droht durch ein Virus ausgelöscht zu werden, sondern weil sich nun zeigt, mit welchem Bewusstsein die Menschheit in die Zukunft schreiten möchte.

Wollen wir die Diskriminierung gegenüber Andersdenkenden weiter akzeptieren?

Die aktuellen Debatten über Impfpflichten – Österreich hat die allgemeine Impfpflicht für 2022 bereits angekündigt – und 2G-Regeln (geimpft und genesen) sprechen für sich. Die Welt droht im Chaos ihrer eigenen Gesundheitsdiktatur zu versinken.

„Die Würde des Ungeimpften“ soll der Gesundheitsdiktatur und der Spaltung der Gesellschaft entgegenwirken. Mit anschaulichen Kurzgeschichten über die Freiheit wird dem Leser aufgezeigt, welche irrwitzigen und tragischen Wege das Leben im 21. Jahrhundert angenommen hat.

Und wie die Gesellschaft wieder zu einem sinnvolleren Leben zurückkommen kann.

Die Würde des Ungeimpften – Ein Freiheitsgelübde in Kurzgeschichten (2021)

Du siehst, lieber Leser, mein guter Freund & Co-Autor Christopher und ich haben schon in der Zusammenfassung des Buches klare Worte gefunden. Noch deutlicher sind wir dann auch in unserem Buch „Die Würde des Ungeimpften“ geworden, denn wir haben unsere Gedanken Zum Zeitgeschehen in Form von Kurzgeschichten verpackt. Aktueller und metaphorischer kann ein Buch wirklich nicht sein.

Wir sind gegen die bewusste Diskriminierung, gegen die unverhältnismäßigen Einschränkungen und gegen die zunehmende Ungleichbehandlung von friedlichen und insbesondere ungeimpften Menschen! Das aktuelle Klima ist weder förderlich für den Ausgang der Pandemie, noch hilft es uns dabei, einen konstruktiven Austausch zu schaffen. Wir beobachten zunehmend, dass geimpfte Menschen ungeimpfte Menschen diskriminieren. Außerdem beobachten wir, dass ungeimpfte Menschen zunehmend wütend auf geimpfte Menschen für die Schikane werden. Beide Seiten sind verständlich, denn schließlich wollen wir endlich wieder freiheitlich leben können. Nur leider wird der Diskurs von Politikern und Medien zunehmend blockiert und in falsche Bahnen gelenkt… dabei bräuchten wir doch unbedingt den Austausch! Nicht nur, um gemeinsam Lösungen für die aktuelle Misere zu finden, sondern auch um unsere sozialen Bedürfnisse zu befriedigen.

Aber was können wir für dieses Ziel tun? In unserer Situation erscheint es geradezu unmöglich, einen alternativen Weg zu gehen und diesen mit friedlichen Methoden einzuleiten. Selbst der Versuch von #coronaaussoehnung hat nicht funktioniert.

Wir könnten sicherlich viele Fakten zur COVID-19-Pandemie und zur Diskriminierung nennen. Wir könnten darauf verweisen, wie Schweden die Krise gemeistert hat. Wir könnten auf wissenschaftliche Arbeiten wie die vom renommierten Epidemiologen John P. Ioannidis verlinken. Wir könnten über die Aufklärungsarbeit von Institutionen wie Ärztinnen und Ärzte für individuelle Impfentscheidung e.V., Swiss Policy Research oder Multipolar berichten. Auf der anderen Seite könnten wir bemerken, dass ungeimpfte Studenten an manchen Universitäten keinen Zugang mehr bekommen und Österreich für 2022 eine generelle Impfpflicht angekündigt hat. Aber schlussendlich haben wir bemerkt, dass diese Debatte weniger faktisch und mehr emotional ist.

Es geht hierbei um Angst und welche Rolle der Tod in unserer Gesellschaft spielt.

Die derzeitige Krise ist also kein epidemiologisches Dilemma – dies wurde auch bereits von einigen Forschern bemerkt und daher wurde der Ansatz versucht, die „Pandemie“ in eine „Syndemie“ umzubenennen – sondern auch eine philosophische Tragödie. Die Menschen haben vergessen oder verdrängt zu philosophieren und zu reflektieren! Und zwar darüber, was sie vom Leben und wollen und was sie erwarten.

In unserer aktuellen Situation macht es den Anschein, als würden die Menschen ihre eigene Verwundbarkeit unterdrücken wollen. Sie wollen sich nicht darum bemühen, ihre Verletzlichkeit anzuerkennen und potentiellen Gefahren vorzubeugen – sie wollen ihr selbstzerstörerisches Verhalten (rauchen, trinken, fernsehen, shoppen, Fastfood essen, Angst haben, Medien konsumieren…) immer weiter fortsetzen.

Das kann natürlich nicht der Sinn des Lebens sein. Und das kann auch keinem klar denken Menschen ein wirklich sinnerfülltes Leben bieten!

Ein sinnerfülltes Leben kann nur derjenige führen, der Verantwortung für sich selbst übernehmen kann. Eine Impfpflicht – genauso wie alle anderen Maßnahmen während der Pandemie – sind nur möglich, weil die Menschen keine Verantwortung übernehmen können. Damit meine ich nicht, dass die Menschen sich nicht an die Regeln der Regierung halten – im Gegenteil. Die Maßnahmen können nur dann umgesetzt werden, wenn die Menschen nicht daran glauben können, dass sie – wie es in der biopsychosozialen Medizin heißt – eine autoregulative Selbstkompetenz besitzen (Mehr dazu findest du auch im Buchtrailer und in der Einleitung des Buches).

Der Begriff der „autoregulativen Selbstkompetenz“ beschreibt ganz einfach den Zusammenhang zwischen dem eigenen Motiven, dem Verhalten und der Gesundheit des eigenen Körper-Geist-Systems. Alles drei hängt zusammen, genauso, wie auch Körper, Geist und Soziales analog miteinander verbunden sind. Ich weiß wovon ich da spreche, denn schließlich habe ich über das Biopsychosoziale Gesundheitsmodell in Bezug auf die COVID-19-Pandemie in Deutschland meine Masterarbeit geschrieben.

Anstatt diese Krise also weiterhin faktisch anzugehen, versuchen wir einen Neustart: Wir wollen allen Menschen eine Perspektive bieten, die über die Sachebene hinausgeht. Wir wollen jedem Interessierten eine Geschichte erzählen, die unsere aktuelle Zeit reflektiert. Wir wollen unsere Erzählungen mit Poesie, Ironie und Zynismus würzen, damit auch wirklich jeder einen Zugang zu diesem Thema bekommt.

Wir wollen mit unserem Buch keine Schuldzuweisung formulieren! Wir sehen es in unserer Pflicht zu reflektieren, wie wir in 20 oder 30 Jahren auf die aktuelle Situation schauen werden. Können wir dann mit gutem Gewissen sagen, dass wir alles Mögliche getan haben, um eine ethische Verwahrlosung zu verhindern?

Ich – Tristan Nolting – werde meinen Enkeln in 50 Jahren erzählen, dass ich die Diskriminierung nicht hingenommen habe. Ich habe für die Würde, für das Recht auf körperliche Unversehrtheit und Autonomie gekämpft. Wir möchten jeden bitten, dies ebenso zu tun.

Eine Geschichte aus unserem Buch wollen wir bereits in diesen Blogbeitrag mit einfließen lassen.

Eine Spritze voller Liebe

Dies ist die Geschichte von Mino Weiß, einem 14 Jahre alten Achtklässler auf einem Gymnasium. Die Stadt spielt in dieser Geschichte keine Rolle, es könnte jede Stadt in Deutschland oder einem anderen Land sein.
 
Mino ist ein guter Junge, der brav auf das hört, was seine Eltern ihm sagen. Er versucht stets seine Eltern zu beeindrucken, indem er gute Noten schreibt und bei seinem Lieblingshobby, dem Fußballspielen, sein Bestes gibt. Seine Eltern sind auch sehr stolz auf ihn und erzählen regelmäßig den befreundeten Paaren, welche neuen Erfolge Mino in der Schule oder beim Sport erzielt hat.
Seit Mino klein ist, möchte er Arzt werden wie sein Vater. Sein Vater ist aber kein klassischer niedergelassener Arzt, der nach der gängigen schulmedizinischen Methode handelt, sondern nach den Leitlinien der naturheilkundlichen Therapie, genauer gesagt der Homöopathie. Häufiger schon wurde der Junge auf seinen Vater angesprochen, da Dr. Weiß in der Stadt sehr bekannt ist. Im Grunde genommen gibt es da zwei Lager. Die einen sind zutiefst überzeugt von Dr. Weiß und seinen Methoden, die anderen verachten ihn dafür, dass er sich von den streng wissenschaftlichen Leitlinien verabschiedet hat. Lustigerweise waren diejenigen, die von Dr. Weiß überzeugt waren gerade die, die schon einmal in Behandlung bei ihm waren, während diejenigen, die ihn verachteten, einfach Vorurteile hatten. Aber so viel zum Thema Wissenschaft und Erfahrung.

Mino hatte mit der Zeit gelernt, mit negativen Kommentaren gegenüber seinem Vater umzugehen. Meistens erwiderte er nur „Ich vertraue meinen Eltern. Vertraust du deinen?“
 
Dies war tatsächlich auch nicht gelogen. Mino wurde schon öfter von seinem Vater behandelt und wusste daher, dass die Homöopathie eine sinnvolle Heilmethode war. Mino war auch schon nach schulmedizinischen Methoden behandelt worden, aber diese hatten für ihn immer erhebliche Nebenwirkungen bedeutet. Insbesondere die Behandlung mit Schmerzmitteln – eine Marke sei an dieser Stelle nicht genannt - führte bei ihm oft zu starken Entzündungen im Körper. Wie sagt man so schön: „Keine Wirkung ohne Nebenwirkung.“ Der ausschlaggebende Punkt für Dr. Weiß war jedoch, als ein befreundeter Arzt am Universitätsklinikum im Alter von sechs Jahren Stimmbandknötchen bei Mino festgestellt hatte. Von nun an sollte sich Mino vierteljährlich auf unbestimmte Zeit einer Operation unterziehen, damit die Knötchen nicht größer wurden.
 
Dies veranlasste Dr. Weiß mit der Schulmedizin zu brechen. Er suchte mit Mino einen Homöopathen auf, der ihm ein Mittel („C-irgendwas“, wie Mino gerne zu sagen pflegte) gegen die Krankheit verschrieb. Und siehe da: Innerhalb weniger Wochen war die Beschwerde abgeheilt und trat nie wieder auf.
 
Die Einfachheit der Anwendung und die Abgestimmtheit der Homöopathie auf den Patienten stimmten Dr. Weiß schließlich dazu ein, selbst Homöopath zu werden. Er wusste, dass der Schritt nicht leicht wird. Viele namhafte Ärzte hatten schon ihren Ruf verloren, weil sie die Heilmethode gewechselt hatten. Nun, da Mino vor Kurzem 14 geworden ist, wendet Dr. Weiß schon seit mehreren Jahren die Homöopathie erfolgreich an.

Natürlich war Mino in seiner Kindheit auch geimpft worden. Nicht gegen alles, aber gegen so manches. Im Gegensatz zu den meisten Ärzten nahm sich Dr. Weiß immer Zeit, um eine ausgewogene Risiko-Nutzen-Abwägung für seine Patienten anzustellen, insbesondere auch bei seinem Sohn. Er hielt es für unmöglich, wie manche Ärzte sich nur zehn Minuten oder noch weniger Zeit für ein Impfaufklärungsgespräch nahmen. Aber Dr. Weiß wusste auch, dass dies am System lag. Würde ein Impfgespräch auch ohne erfolgreich vermittelte Impfung vergütet werden, würden wahrscheinlich sehr viel weniger Kinder geimpft werden. Aber da er selbst kein Kinderarzt war, ging er letztlich mit seinem Sohn zu einem Kollegen, der ähnlich dachte.

Wogegen er sich jedoch ganz und gar wehrte, war der Druck, Mino vor COVID-19 impfen zu lassen. Nur zum Verständnis: Dr. Weiß war ganz und gar kein Impfgegner! Er erkannte den Wert, den das Impfen der Menschheit gebracht hatte. Impfungen konnten vor vielen Krankheiten schützen und haben dies auch schon oft in der Menschheitsgeschichte bewiesen.

Bei COVID-19 war dies jedoch anders. Oft redete er mit Mino, um ihm klar zu machen, dass er keine Angst zu haben brauche, COVID-19 zu bekommen. Er habe ein starkes Immunsystem, das mehr als fähig sei, dieses Virus auszuhalten. Auch ganz ohne Schmerzen! Mino würde, so sagte er ihm, ganz bestimmt nicht schwer an der Infektion erkranken, egal was die anderen zu ihm sagen würden. Für Mino bedeutete COVID-19 nicht mehr als ein grippaler Infekt. Außerdem würde er auch niemand anderes durch die Impfung schützen, da die Impfung keine sterile Immunität erzeuge.

Mino vertraute seinem Vater auch in dieser Hinsicht. Doch leider ging es hier weniger um eine individuelle Abwägung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses.

Eines Tages kam Mino von der Schule nach Hause. Seine Mutter fragte ihn, warum er so bedrückt gucken würde, doch Mino antwortete nur: „Es ist nichts.“ Als dann abends sein Vater Dr. Weiß nachhause kam, berichtete ihm seine Frau, dass Mino sehr niedergeschlagen sei und den ganzen Tag auf seinem Zimmer verbracht hatte. Also klopfte Minos Vater am Kinderzimmer und fragte, ob er reinkommen dürfte: „Ja, komm herein.“

„Hey, deine Mutter hat mir erzählt, dass du den ganzen Tag auf deinem Zimmer geblieben bist… ist alles in Ordnung?“, fragte der Vater vorsichtig. „Ich möchte nicht darüber reden.“, gab Mino zurück. „Bist du dir sicher? Manchmal ist es sehr hilfreich, wenn man sich seinen Frust von der Seele redete.“

Mino schaute weg und überlegte einen Moment.

„Okay, ich sage es dir, aber versprich mir, dass du nicht gegen meine Entscheidung bist!“

Der Vater guckte erschrocken. „Was mag der Junge nur haben?“, fragte er sich. Schließlich antwortete Dr. Weiß: „Nun gut, ich sage dir meine Meinung, aber ich werde dich nicht umstimmen.“

Sein 14-jähriger Sohn antwortete ihm: „Der Tag heute war schrecklich! Weißt du, bisher hat es mir nie etwas ausgemacht, nicht geimpft zu sein. Aber heute war es anders. Uns wurde in der Schule gesagt, dass wir demnächst auf Klassenfahrt fahren. Alle dürfen mit, aber nur, wenn sie geimpft sind! Und… dann… du weißt doch, ich habe dir letztens erzählt, dass unsere Schule vor dem Sommer eine Jugend-Disco veranstaltet. Unsere Lehrer haben uns aufgefordert, Mädchen zu fragen, ob sie mit uns tanzen wollen. Also habe ich heute all meinen Mut zusammengenommen und Arielle gefragt… Aber (und er fing an zu schluchzen) … Sie hat gesagt, dass sie nicht mit mir tanzen will, weil ich nicht geimpft bin…“

Der Vater blickte traurig seinen Sohn an. Er wusste nicht, was er sagen sollte.

„Ich will mich impfen lassen!“, schluchzte Mino, „bitte Papa! Sonst werde ich nicht mehr glücklich.“

„Aber Mino …“, Dr. Weiß wollte gerade protestieren, doch dann merkte er, wie ernst es um seinen Sohn war. Er nahm seinen Sohn in den Arm.

„Weißt du, mein Sohn…“, fing Dr. Weiß an, „…das Wichtigste war mir immer, dass du gesund und glücklich bist. Und auch wenn ich glaube, dass du die Impfung nicht brauchst, so will ich nicht, dass du unglücklich bist. Ich mache einen Termin für gleich nächste Woche aus. In Ordnung?“

„Danke Papa, du bist der Beste!“, platzte es aus Mino heraus. 
„Und nun komm, es gibt Abendessen.“

Und während Mino schon mal zum Abendessen vorging, ging Dr. Weiß kurz in sein Arbeitszimmer. Für einen Moment kamen viele Gefühle in ihm auf. Wut. Trauer. Verzweiflung. Und dann dachte er sich: „So weit ist es also schon gekommen? Wir machen eine Impfentscheidung von der sozialen Teilhabe abhängig? Wie vielen Kindern ist es wohl schon so gegangen? …

…ist das noch die Medizin, an die ich glauben kann?“

Für das weitere Lesen und Stöbern wünschen viel Spaß!

Christopher Reusch & Tristan Nolting
1. Dezember 2021


Autorenportraits

Geschrieben von Tristan

Christopher Reusch ist ein freundlicher und umsichtiger Zeitgeist, der gerne auf Deutsch und Englisch philosophiert. Genauer gesagt ist er Autor, Podcaster und Waldliebhaber.

Wenn er nicht gerade den Wald zum Abenteuerspielplatz macht, dann lässt er uns über seine Kanäle (https://christopher-reusch.com) an seinen vielfältigen Erkenntnissen teilhaben. Am liebsten spricht er über Spiritualität, Angst, Ernährung und Workouts (Calisthenics). Und mit diesen Themen hat er nicht zu wenig Erfahrungen gesammelt…

Neben seiner Spontanität zähle ich den Mut zu seinen bedeutendsten Eigenschaften. Mal eben mit dem Fahrrad 300km nach Amsterdam fahren? Bei Nacht im Wald die Slackline spannen und dann akrobatisch über das Seil tanzen? Das kann nur Christopher. 

Christopher zeigt uns auch in hoffnungslosen und dunklen Situationen, wie wir unser Licht zum Leuchten bringen können. Wenn du dich für seine intuitive Sichtweise öffnen kannst, wirst du eine Menge lernen.

Hör doch einfach mal bei „Spiritual advice from a barbarian lunatic“ rein!

Geschrieben von Christopher

Tristan Nolting ist der beste Freund, den du haben kannst. Er ist wortgewandt, respektvoll und voller Wissen. Zumindest ist er das, wenn dein Ego mit ihm klarkommt. Wenn es das nicht tut, dann ist Tristan immerhin ein hervorragender Diskussionspartner, denn auch hierbei wird er niemals unter die Gürtellinie zielen.

Mir wurde Tristan damals von einem gemeinsamen Freund mit den Worten: „Das ist Tristan. Er hat ein Buch geschrieben.“, vorgestellt. Sofort hatte ich das Gefühl, ich wollte ihn näher kennenlernen. Wieso konnte ich zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht sagen, aber ich wusste, dass dies der Beginn einer wunderbaren Freundschaft werden würde.

Umso glücklicher war ich natürlich, als sich herausstellte, dass Tristan und ich ein Projekt gemeinsam starten würden. Da dieser Abschnitt Tristan vorstellen soll, versuche ich mich kurz zu halten und ihn wirklich akkurat zu beschreiben:

Tristan bildet sich sehr gerne weiter und liest Bücher, bei denen die meisten einfach weglaufen oder gar nichts verstehen würden. Tristan steckt voller Kraft und man sollte ihn trotz seines ruhigen Auftretens nicht unterschätzen.

Er ist ein sehr fokussierter Mensch und weiß vermutlich gar nicht, was Langeweile ist. Dazu hat er nämlich zu viele Ideen und Projekte, die ihn beschäftigt halten. Sein Podcast, seine Bücher und noch vieles mehr aus seiner Kreativkiste findest du auf seiner Homepage.


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DENK MAL Podcast

DENK MAL an Philosophie & Spiritualität ☼☾

Dieser Podcast ist ungewöhnlich, denn hier geht es ums Ganze. In spannenden Folgen sollen die Ideen unterschiedlichster Denker der Philosophie und Spiritualität deinen Horizont bereichern und ein Bild von Lebendigkeit und Beseeltheit erschaffen. Sei es nun zum Thema Gesundheit, Natur oder Selbsterkenntnis – alles hängt zusammen.

Außerdem wird Tristan dir ganz persönliche Geschichten und Erlebnisse aus seinem Leben erzählen. Was hat ihn zu dem tiefgründigen und spirituellen Menschen werden lassen, der er heute ist? Antworten dazu findest du in diesem Podcast oder auf seiner Webseite.

Aber keine Sorge, dabei kommst du nicht zu kurz. Die verschiedenen Perspektiven, die dir beim DENK MAL Podcast geboten werden, sollen DICH zum Reflektieren anregen. Was wäre all dieses Wissen wert, wenn du es nicht anwendest?

☼ Setz dich in Bewegung und die Welt mit dir! ☽

Die Suche nach dem Sinn und der Zufriedenheit nimmt seit einiger Zeit kontinuierlich zu. Immer mehr Bestseller erscheinen und versprechen dem Menschen, dass er durch Lesen des Buches ein Stück weit mehr zu ihm selbst findet. Wenn wir einmal von den positiven Bewertungen absehen, die zumeist darauf zielen, zu erklären, wie das Buch funktioniert oder warum Zufriedenheit für den Rezensenten so wichtig ist, bleibt häufig langfristig „kaum“ etwas Nachhaltiges von dem Buch im Gedächtnis. Eine wirkliche Veränderung, so habe ich das Gefühl, regen Ratgeber und Coaches nicht wirklich an.

Woran liegt das?

Wie entsteht Zufriedenheit?

Wie Zufriedenheit wirklich entsteht, weiß eigentlich kaum jemand. Eigentlich weiß es nur derjenige, der es spürt. Denn letztlich ist es ein Gefühl, das im Hintergrund agiert und auch in den aufbrausenden und turbulenten Zeiten anwesend ist. Wir sollten also Zufriedenheit nicht mit Glück oder Freude verwechseln. Glücklich sind wir, wenn uns etwas Gutes passiert. Freude wird ganz ähnlich wie Glück beschrieben, vielleicht ist Freude jedoch noch ein wenig mehr auf den sozialen Umstand, als auf den generellen Umstand bezogen. Dies macht kaum einen Unterschied. Einen wesentlichen Unterschied gibt es zwischen Freude/Glück und Zufriedenheit.

Diesen Unterschied biochemisch festzustellen, ist nicht falsch. Einige Menschen korrelieren Glück/Freude mit dem Glückshormon Dopamin, welches immer dann im Gehirn ausgeschüttet wird, wenn wir eine Belohnung erhalten oder eine Herausforderung bestehen. Dopamin ist somit ein Hormon, welches sich durch äußere positive Reize auszeichnet.

Serotonin, ebenfalls häufig als Glückshormon bezeichnet, ich nenne es eher das Zufriedenheitshormon, ist da anders. Serotonin wird hauptsächlich (90-95%) im Bauch produziert. In der Depressionsforschung gibt es beispielsweise die Serotonin-Mangel-Hypothese.1 Darum werden auch Selektive-Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI) als Antidepressiva in der Therapie eingesetzt. Auch wenn ein solches Medikament kurzfristig Linderung verschaffen kann, so ist die Idee, ein Serotonin stärkendes Medikament bei Depressionen einzusetzen, nicht zu Ende gedacht.

Zum einen, weil eine Gabe des Vorläufers von Serotonin, die essentiellen Aminosäure L-Tryptophan (die wir jeden Tag durch die Ernährung zu uns nehmen müssen) durchaus ebenso effektiv sein kann.2,3 Aber auch dies ist wiederum nur eindimensional gedacht: Denn kurzfristig kann die L-Tryptophan-Gabe vielleicht den Serotonin-Spiegel erhöhen – aber wie sieht es langfristig aus? Die eigenen Hormone passen sich entsprechend der eigenen Gefühls- und Gedankenwelt an. Serotonin ist demnach ein Hormon, was von dir selbst als Nebenprodukt eines zufriedenen Daseins erzeugt wird. Nicht, weil du darauf aus bist, Serotonin zu erzeugen, sondern, weil deine Gefühls- und Gedankenwelt schlicht gesund ist. Du fühlst dich – umganssprachlich betrachtet – einfach wohl in deiner Haut.

Anders ist es bei Dopamin: Der Mensch jagt geradezu Belohnungen und Herausforderungen hinterher. Interessanterweise, und dies wissen die wenigsten Menschen, sorgt konstanter Dopaminüberschuss (oder ein Dopamindefizit) für eine Fehlregulierung von Serotonin. Serotonin wiederum kann auf Neurotransmitter wie Dopamin (oder auch GABA) stabilisierend wirken.4,5

Mehr dazu findest du auch in meiner ersten Podcast-Folge:

Es gibt also durchaus einen Grund dafür, warum der Körper das Serotonin „fehlreguliert“ (besser wäre aber zu sagen „anpasst“). Hier kann dann mit einer Tryptophan-Gabe unterstützt werden, aber das eigentliche Problem liegt wo anders. Aus den bisherigen Ausführungen mag dies vielleicht bereits klar sein, aber ich möchte es auch noch einmal ausführlich beleuchten, damit jeder eine erweiterte Perspektive auf das Thema Zufriedenheit erhält (und dies nicht nur biochemisch versteht, denn dies ist es gerade nicht!).

Serotonin wird, wie bereits erwähnt, hauptsächlich im Bauch produziert. Wer sich ein wenig mit anderen Lehren, als der westlichen Wissenschaft, beschäftigt hat (z.B. Ayurveda, TCM), der weiß auch, dass der Bauch gemeinhin als Sitz der Gefühle verstanden wird. Spätestens seit der post-modernen Wissenschaft hat man sich dieser Idee auch angenähert: Das Bauch-Gehirn (enterisches Nervensystem) ist laut Forschern über die gut-brain-axis (Darm-Gehirn-Achse) mit dem Gehirn verbunden. Das Bauchgehirn und die Darm-Gehirn-Achse ist inzwischen eine valide Hypothese, die das Zusammenspiel zwischen Intellekt und Emotion erklärt.

Wenn also Serotonin nicht in dem Maße vorhanden ist, wie es gewünscht wird, dann liegt das an den eigenen Bedürfnisse, Trieben, Gefühlen und Emotionen, die in irgendeiner Form nicht vom Individuum bewältigt werden können. Möglicherweise, weil sie unterdrückt werden, vielleicht auch, weil einfach nie ein Umgang mit Ihnen gepflegt wurde. Die Wurzel der Zufriedenheit ist jedenfalls nicht Serotonin, wie einige Ratgeber-Zufriedenheits-Alles-Wissen-Lehr-Coaches behaupten mögen, sondern schlicht der Mensch und sein Innenleben.

Ideen der Psychologie

In der Psychologie gibt es einige sehr interessante Ideen, weshalb Gefühle und Emotionen nicht „richtig fließen“ können (fernöstlich ausgedrückt) bzw. aufgestaut und unterdrückt werden.

Die bekannteste Idee ist wohl die des Unterbewusstseins. Nach dieser Theorie verfügt jeder Mensch über einen bewussten Anteil, dementsprechend alles was zum jeweiligen Zeitpunkt fühlt, denkt, erkennt; und über einen unbewussten Anteil in dem alle Aspekte seines individuellen Seins liegen, was er gerade nicht brauchen kann (z.B. Autofahren). Je mehr Informationen auf das Individuum einströmen, desto mehr muss es auch darauf achten, die Informationen zu verarbeiten und zu selektieren. Ansonsten können Gefühle der Überforderung folgen und Stress (erklärbar über die Hormone Cortisol und Adrenalin, ein Abkömmling von Dopamin) entstehen. Werden diese Informationen nun nicht verarbeitet, dann werden sie lediglich vom Bewusstsein ins Unbewusste „abgeschoben“. Mit der Zeit entsteht ein Berg an nicht-gelebten Erfahrungsinhalten, der Probleme auf der geistigen und körperlichen Ebene verursachen kann. Hier kommt etwa die Psychosomatik ins Spiel, die eine Deutung dieser nicht-gelebten Erfahrungsinhalte auf körperlicher Ebene versucht.

Erweitert wird diese Idee auch in der Trauma-Forschung aufgefasst. Hier geht es weniger um die Menge an Informationen, als vielmehr um die Intensität. Zu Beginn des Lebens scheint ein Mensch die Welt noch „ungefiltert“ wahrzunehmen, da ein Kind keine Möglichkeit zur Rationalisierung hat. Dementsprechend intensiv können bestimmte Erfahrungen sein, die, wenn sie nicht verstanden werden, potentiell verdrängt werden. Was genau ein Trauma für ein Kind ist, das ist ganz und gar individuell – für jedes Kind sind unterschiedliche Erfahrungen unterschiedlich positiv und negativ (vielfach auch bedingt durch den Charakter, Anlagen, Fähigkeiten).

Möglichkeiten zur Lösung des Dilemmas bietet beispielsweise die Transpersonale Psychologie über bewusstseinserweiternde Erfahrungen. Beim holotropen Atmen, in der Meditation, auf Psychedelika, in der Hypnose (oder anderen Trance-Zuständen) erhält das Individuum bewusst „Zugriff“ auf das Unterbewusstsein. Das Individuum kann in diesen Zuständen sich selbst besser kennenlernen, weil es zum einen merkt, dass es nicht nur der „bewusste Teil“ seiner selbst ist. Es merkt, dass es auch noch sehr viel mehr ist (bis hin zu transzendenten Zuständen, d.h. allumfassenden und allwissenden Erfahrungen). Zum anderen lernt es sich selbst zu relativieren. Sich selbst zu relativieren bedeutet loslassen zu können und nicht mehr starr an (vorher vielleicht noch unbewussten) Themen festzuhalten.4

Auch die „standartisierte“ Psychotherapie versucht über die Gesprächstherapie einen Zugang zum Unterbewusstsein des Individuums zu finden, allerdings ist diese Möglichkeit sehr viel begrenzter, theoretischer und mühevoller. Letztlich hat immer das Individuum die Oberhand über sein eigenes Innenleben, nicht der Therapeut. Somit kann das Individuum den Heilungsprozess verzögern, beispielsweise indem es die Verantwortung auf den Therapeuten verschiebt oder sich selbst anlügt.

Innenleben

„Was hat dies nun mit Zufriedenheit zu tun?“, magst du fragen.

Jede Menge!

Letztlich versucht jeder die eigene Zufriedenheit zu erreichen, die wenigsten wissen aber, was es ist oder interpretieren die Zufriedenheit falsch. Dies liegt auch daran, dass die Erinnerung an die Tage der eigenen Zufriedenheit zumeist stark verblassen (das Gefühl der Zufriedenheit muss durch die eigene Erfahrung der Wirklichkeit aufrechterhalten und gefüttert werden…). Auch in Anbetracht der negativen Erfahrungen, die jeder von uns macht. Negative Erfahrungen werden zumeist als sehr viel schlimmer erfunden, als positive Erfahrungen.

Und hier kommt die Krux: Eigentlich geht es gar nicht darum. Es geht nicht um positive oder negative Erfahrungen. Nur dem Glück hinterherzujagen hat noch keinen Menschen auf der Welt glücklich gemacht. Irrwitziger Weise glauben wir dies aber: Denn die negativen Erfahrungen sind es schließlich nicht, die uns zufrieden machen, oder?

„Ja, wie soll man den zufrieden werden, wenn man auf die Dinge achtet, die einen unglücklich machen?“

Gar nicht, das zieht die meisten Menschen überhaupt erst in ihren Sumpf hinein.

Beides scheint mir eine Sackgasse zu sein. Auch diejenigen, die behaupten, dass die negativen Erfahrungen uns zu dem machen, was wir sind, lenken die Aufmerksamkeit auf das Falsche. In erster Linie sollten wir uns fragen, warum wir den überhaupt in solchen Kategorien wie Lust und Unlust, wie Zufriedenheit und Unzufriedenheit, wie Glück und Pech denken?

Wenn wir unser Leben anschauen, so merken wir, dass wir ständig in einem Ritt aus Höhen und Tiefen stecken. Mal geht die gute Laune hoch, mal geht sie wieder runter. Doch unsere Misere beginnt eigentlich dort, wo wir nicht wahrnehmen, dass sich die Stimmung eigentlich dabei ist zu wandeln.

Häufig glauben wir, dass es „nicht besser werden kann“ oder „nicht noch schlimmer kommen kann.“ Doch, es geht immer noch besser oder schlimmer, aber darum geht es nicht. Es geht darum, dass a) viele Menschen sich sträuben den Moment so anzunehmen, wie er gerade ist und b) wenn sich ein Kurswechsel einstellt, am alten Moment hängen bleiben.

Es gibt Momente voller Traurigkeit, genauso wie es Momente voller Freude gibt. Dies wird nicht anders bei zufriedenen und unzufriedenen Menschen sein. Nur glaube ich fest daran, dass die zufriedenen Menschen jede Situation ungeachtet von Erwartungen annehmen können. Der Moment der Bitterkeit wird ebenso ausgekostet wie der Moment der Süße und Herzhaftigkeit. Dies führt dazu, dass keine Angst vor dem Neuen entsteht („es kann ja noch schlimmer werden“) und das Alte losgelassen werden kann („es kann ja nicht noch besser werden“).

Damit es nicht zu abstrakt wird, möchte ich dir also meine Folgerung vorstellen.

Es geht gar nicht so sehr um die äußeren Geschehnisse, sondern um dein Innenleben. Sicherlich wird sich Leid niemals vermeiden lassen, genauso, wie sich die Freude nicht verbannen lässt. Beide Aspekte sind Seiten derselben Münze.

Hermann Hesse schrieb sehr passend in seinem Buch „Der Steppenwolf“ über das Innenleben:

Immerhin hat unser Steppenwolf wenigstens die faustische Zweiheit in sich entdeckt, er hat herausgefunden, dass der Einheit seines Leibes nicht eine Seeleneinheit innewohnt, sondern dass er bestenfalls nur auf dem Wege, in langer Pilgerschaft zum Ideal dieser Harmonie begriffen ist. Er möchte entweder den Wolf in sich überwinden und ganz Mensch werden oder aber auf den Menschen verzichten und wenigstens als Wolf ein einheitliches, unzerrissenes Leben leben. Vermutlich hat er nie einen wirklichen Wolf genau beobachtet – er hätte dann vielleicht gesehen, dass auch die Tiere keine einheitliche Seele haben, dass auch bei ihnen hinter der schönen straffen Form des Leibes eine Vielfalt von Strebungen und Zuständen wohnt, dass auch der Wolf Abgründe in sich hat, dass auch der Wolf leidet. […] Der sympathische, aber sentimentale Mann, der das Lied vom seligen Kinde singt, möchte ebenfalls zur Natur, zur Unschuld, zu den Anfängen zurück und hat ganz vergessen, dass die Kinder keineswegs selig sind, dass sie vieler Konflikte, dass sie vieler Zwiespältigkeiten, dass sie aller Leiden fähig sind. Zurück führt überhaupt kein Weg, nicht zum Wolf, noch zum Kinde. Am Anfang der Dinge ist nicht Unschuld und Einfalt; alles Erschaffene, auch das scheinbar Einfachste, ist schon schuldig, ist schon vielspältig, ist in den schmutzigen Strom des Werdens geworfen und kann nie mehr, nie mehr stromaufwärts schwimmen. Der Weg in die Unschuld, ins Unerschaffene, zu Gott führt nicht zurück, sondern vorwärts, nicht zum Wolf oder Kind, sondern immer weiter in die Schuld, immer tiefer in die Menschwerdung hinein.

Hermann Hesse: Der Steppenwolf. suhrkamp, S. 82

Zufriedenheit entsteht durch dich als Resultat, dass du dich mit dir selber befasst. Dies heißt nicht, dass du den Dingen des Lebens hinterherjagen sollst, sondern, dass du deinen inneren Reife- und Wandlungsprozess beobachten und erleben sollst, sodass sich die Zufriedenheit ganz natürlich daraus entwickeln kann. Leid ist auch im Selbstwerdungsprozess inbegriffen. Das größte Leid ist es aber, nie wirklich zu lernen, wer man selbst ist.

Der Zufriedenheit hinterherzujagen ist also ein Paradoxon. Auch die Biochemie, Psychologie, Philosophie oder eine sonstige Wissenschaft verstehen zu wollen, hilft da nicht weiter. Kein Konzept mag dies zu leisten. Zufriedenheit kommt (nur!) durch dich, dich als ganzheitliches Wesen mit allen Aspekten des Seins (Bios, Psyche, Soziales etc.). Also fang damit an, dich mit dem zu fassen, was wichtig ist.

Mit dir selbst.

Herzlich
Tristan

Literaturverzeichnis

1Neumeister A. (2003). Tryptophan depletion, serotonin, and depression: where do we stand?. Psychopharmacology bulletin37(4), 99–115.

2Jenkins, T. A., Nguyen, J. C., Polglaze, K. E., & Bertrand, P. P. (2016). Influence of Tryptophan and Serotonin on Mood and Cognition with a Possible Role of the Gut-Brain Axis. Nutrients8(1), 56. https://doi.org/10.3390/nu8010056

3Kikuchi, A. M., Tanabe, A., & Iwahori, Y. (2021). A systematic review of the effect of L-tryptophan supplementation on mood and emotional functioning. Journal of dietary supplements18(3), 316–333. https://doi.org/10.1080/19390211.2020.1746725

4Kapur, S., & Remington, G. (1996). Serotonin-dopamine interaction and its relevance to schizophrenia. The American journal of psychiatry153(4), 466–476. https://doi.org/10.1176/ajp.153.4.466

5Petty, F., Davis, L. L., Kabel, D., & Kramer, G. L. (1996). Serotonin dysfunction disorders: a behavioral neurochemistry perspective. The Journal of clinical psychiatry57 Suppl 8, 11–16.

6Croissier, G. R. (2017). Die magische Wunde: Wandlung und Heilung in der Transpersonalen Psychologie (Bd.1) (Fabrica libri) (Originalauflage Aufl.). Pomaska-Brand.

In Krisenzeiten hat es niemand leicht. Weder derjenige, der unter den Folgen der Krise unmittelbar leidet, noch der, der darüber berichtet – denn derjenige wird Tag für Tag mit dem entstehenden Leid konfrontiert und dies ist ebenso real für die Gefühlslage eines Menschen. Wir Menschen könnten uns die Krise erleichtern, aber stattdessen wird nur all zu häufig noch mit dem Hammer oben drauf gehauen und jeder versucht seinen Profit aus der Krise zu machen. Warum dies aber auch in unseren wichtigsten Lebensbereichen ein Fehler sein könnte, das möchte ich dir in diesem Beitrag aufzeigen.

Ich bin wohl einer der Menschen, der am Wenigsten durch die Folgen der Krise gelitten hat. Dennoch bin ich nicht ungeschoren davongekommen: Die Erfahrung des kollektiven Leids, der kollektiven Unfreiheit und des Schmerzes ist für mich aber auch für viele andere Menschen ein extrem leidvoller Prozess. Woran dies liegt? Ich würde mal schätzen an der Fähigkeit des Menschen (und damit auch meiner Fähigkeit) zur Empathie syn. zum Mitgefühl. Und Mitgefühl heißt primär: Ich fühle mit anderen mit.

Wenn wir uns versuchen würden, an Ken Wilbers Integraler Theorie zu orientieren, so wäre das Mitgefühl auf der Ebene des Subjektiven und Intersubjektiven anzusiedeln. Mehr noch: Ich würde sagen, dass das Mitgefühl die Ebene des Subjektiven (Individuum/Innen) und Intersubjektiven (System/Innen) verbindet. Ohne Empathie gibt es keine Brücke, keine Verbindung des Individuums mit anderen Individuen und dem Kollektiv. Ohne Empathie könnte dem Individuum „schnurz piep-egal sein“, was mit anderen Individuen und dem Kollektiv passiert.

Dass Empathie jedoch eine dem Menschen grundsätzlich angeborene Fähigkeit darstellt, die er jedoch sowohl verlernen als auch vergessen kann, dafür gibt es zahlreiche Hinweise (vor allem anhand von Kindern).

  • Neben genetischen Einflüssen sind auch soziale Umstände für die Ausprägung der Empathie wichtig – grundsätzlich besitzt der Mensch jedoch die (biologische/psychologische) Ausstattung, um empathisch sein zu können.1
  • Ein gutes Beispiel hierfür sind die Spiegelneuronen. Inzwischen wissen wir, dass die Spiegelneuronen nicht nur für das Lernen zuständig sind, sondern, dass durch sie die Sozialität und das Zusammenleben mit anderen Menschen möglich wird. Babys weinen also aufgrund der angeborenen Lernfähigkeit (Spiegelneuronen), wenn sie andere Babys weinen hören.2
  • In bewusstseinserweiternden Zuständen, wie sie durch Ayahuasca hervorgerufen werden können, kann die Erfahrung des Kollektiven Bewusstseins gemacht werden.3 Hierbei spielt Empathie eine zentrale Rolle.
  • Auch ganz real erfahrbar: Wenn die jemand anderes eine Geschichte erzählt und du still-schweigend zuhörst und dich in die Person und in den Moment der Geschichte hineinversetzt, so bist du in dem Moment empathisch, da du die Geschichte nachempfindest.
  • … fallen dir weitere Beispiele ein?

Ich gehe jedenfalls von einem Menschen aus, der die Fähigkeit besitzt, empathisch zu sein. Und ich gehe auch noch einen Schritt weiter: Ich postuliere, dass die Empathie eine der wichtigsten Fähigkeiten des Menschen überhaupt ist.

Leider lernen Kinder in der Schule nicht, mit ihren eigenen Gefühlen umzugehen. Stattdessen lernen sie Gedichtsanalye, Stochastik und viele Dinge mehr, die sie größtenteils nie wieder in ihrem Leben brauchen. Das Fehlen essentieller Kenntnisse und Fähigkeiten ist ein Hauptproblem für mich, wenn es zu solchen Krisen kommt, wie der aktuellen Pandemie. Denn auch, wenn alle immer wenn „Solidarität“ sprechen, so weiß doch niemand wirklich, was dies bedeutet. Allerdings wird der Begriff immer genau dort benutzt, wo eigentlich Empathie gebraucht wird. Solidarität ist in gewisser Weise ein Ersatzbegriff für die fehlende Empathie der Menschen. Vielleicht ist Solidarität sogar zu einem internalisierten (d.h. durch gesellschaftliche Werte anerzogenes Verhalten) Dogma geworden, welches der Empathie eher hinderlich ist.

EmpathieSolidarität
Angeboren, ErlernbarInternalisiertes Konstrukt
Individuelle und kollektive Werte bedeutsamKollektive Werte bedeutsamer
Ausgewogene EntscheidungsfindungSystematisierte Entscheidungsfindung
ICH & DU GefühlWIR Gefühl
Instinkt & IntuitonÜberzeugungen

Der Begriff Solidarität wird heute vielfach (Flutkatastrophe, Klimawandel, COVID-19-Krise) benutzt, wenn an die Mitmenschen appelliert wird, um sie zum uneigennützigen Handeln zu bewegen. Es wird kein Raum gelassen, um eine eigenmächtige und selbstbewusste Entscheidung zu treffen, sondern es wird ein Raum erschaffen, indem nur das Kollektiv zählt. Diese sehr reduktionistische Ansicht (Flachland, wie Ken Wilber sagen würde), führt letztlich zur Aushöhlung des Menschen, wie bei einem Kürbis an Halloween.

Versteh mich nicht falsch, anderen zu helfen ist eine wunderbare Eigenschaft eines Menschen. Allerdings empfinde ich diese als für den Menschen „qualitativer“ oder „zufriedenstellender“, wenn sie aus eigenem Antrieb stattfindet. Dem Menschen wird heute nicht mehr zugesprochen, Entscheidungen zu seinem eigenen Wohl und dem anderer fällen zu können. Statt den Menschen gewähren zu lassen, wird der natürliche Egoismus ausgeheblt und versucht mit der Brechstange zu bekämpfen. Dabei ist es nicht nur schwierig, sondern unmöglich die angeborenen Bedürfnisse des Menschen langfristig zu unterdrücken, ohne, dass er Schaden nimmt.

Und hier komme ich wieder zum Anfang zurück: Das Leid, welches entstanden ist, ist vielfach nicht nur durch die Krise zu erklären („das böse Virus“, „der böse Klimawandel“, „das böse Unwetter“), sondern auch durch die Unfähigkeit des Menschen, Empathie zu zeigen.

Der Mensch kann keine Empathie mehr zeigen, weil er weder gelernt hat, mit seinen eigenen Gefühlen umzugehen, noch die Sinnhaftigkeit in eben jener Handlung sieht. Wie aus diversen psychologischen Arbeiten hervorgeht (Psychoneuroimmunologie, Traumaforschung, Analytische Psychologie), kann eben jener fehlende Umgang mit den eigenen Gefühlen sich langfristig auch in Krankheit manifestieren. Und dieser Trend, der sich bereits vor der Krise etabliert hat, kommt nun nur noch stärker zur Geltung.

Wie können wir diesen Trend umkehren? Dafür müssen wir uns folgende Frage stellen:

Worauf kommt es für dich an?

Nun, darauf wirst du deine ganz eigene Antwort finden. Und dies ist auch gut so. Das, was dich zufrieden macht (und dazu gehört auch die Integration der eigenen Schattenseite, wie der Psychologe C.G. Jung bemerken würde), führt dich letztlich auch dazu, empathischer zu werden. Denn: Empathisch kann nur derjenige sein, der mit sich selbst im reinen ist. Wie soll ein Mensch jemand anderes verstehen und mit ihm mitfühlen können, wenn er sich selbst noch nicht einmal versteht? Dazu C.G. Jung in seiner Biographie Erinnerungen, Träume, Gedanken4:

„Die Hoffnung auf größere Freiheit wird durch vermehrte Staatssklaverei zunichte gemacht, nicht zu sprechen von den fürchterlichen Gefahren, denen uns die glänzendsten Entdeckungen der Wissenschaft aussetzen. Je weniger wir verstehen, wonach unsere Väter und Vorväter gesucht haben, desto weniger verstehen wir uns selbst, und helfen mit allen Kräften, die Instinkt – und Wurzellosigkeit des Einzelmenschen zu vermehren, so daß er als Massenpartikel nur noch dem «Geist der Schwere» folgt. Verbesserungen nach vorne, d. h. durch neue Methoden oder «gadgets» sind zwar unmittelbar überzeugend, aber auf die Dauer zweifelhaft und auf alle Fälle teuer bezahlt. Keinesfalls erhöhen sie das Behagen, die Zufriedenheit oder das Glück im großeii und ganzen. Sie sind meist hinfällige Versüßungen des Daseins […]“

Das Gefühl der Kohärenz, die allgemeine Stimmung („Gestimmtheit“) ist in diesem Sinne auch für das Kollektiv von äußerster Wichtigkeit. Das Indivduum kann sich niemals vollständig dem kollektiven Prozess entziehen, selbst wenn es sich von der Gesellschaft abspalten würde. Die Verbindung ist immer da und dies ist auch gut so. Denn über die eigenen Gefühle hat das Individuum einen Zugang zum Kollektiv und auch noch allgemeiner zur Wirklichkeit. Wenn das Individuum lernt, mit seinen Gefühlen umzugehen ohne diese Erfahrung zu einer Werteinstellung für alle Menschen machen zu wollen, kann möglicherweise wesentlich leichter mit solchen Krisen umgegangen werden.

Dazu nochmal C.G. Jung an anderer Stelle über den Sinn des Lebens (S. 363-364):

Ich bin zufrieden, daß mein Leben so gegangen ist. Es war reich und hat mir viel gebracht. Wie hätte ich so viel erwarten können? Es waren lauter nicht zu erwartende Dinge, die sich ereigneten. Manches hätte vielleicht anders sein können, wenn ich selber anders gewesen wäre. So war es aber, wie es sein mußte; denn es ist geworden dadurch, daß ich so bin, wie ich bin […] Ich habe Wunderbares von Menschen erfahren und habe selber mehr geleistet, als ich von mir erwartete. Ich kann mir kein endgültiges Urteil bilden, weil das Phänomen Leben und das Phänomen Mensch zu groß sind. Je älter ich wurde, desto weniger verstand oder erkannte oder wußte ich mich. Ich bin über mich erstaunt, enttäuscht, erfreut. Ich bin betrübt, niedergeschlagen, enthusiastisch. Ich bin das alles auch und kann die Summe nicht ziehen. Ich bin außerstande, einen definitiven Wert oder Unwert festzustellen, ich habe kein Urteil über mich und mein Leben. In nichts bin ich ganz sicher. Ich habe keine definitive Überzeugung – eigentlich von nichts. Ich weiß nur, daß ich geboren wurde und existiere, und es ist mir, als ob ich getragen würde. Ich existiere auf der Grundlage von etwas, das ich nicht kenne. Trotz all der Unsicherheit fühle ich eine Solidität des Bestehenden und eine Kontinuität meines Soseins. Die Welt, in die wir hineingeboren werden, ist roh und grausam und zugleich von göttlicher Schönheit. Es ist Temperamentssache zu glauben, was überwiegt: die Sinnlosigkeit oder der Sinn. Wenn die Sinnlosigkeit absolut überwöge, würde mit höherer Entwicklung die Sinnerfülltheit des Lebens in zunehmendem Maße verschwinden. Aber das ist nicht – oder scheint mir – nicht der Fall. Wahrscheinlich ist, wie bei allen metaphysischen Fragen, beides wahr: das Leben ist Sinn und Unsinn, oder es hat Sinn und Unsinn.

Hier komme ich zum eigentlichen Sinne des Beitrags zurück: Ich möchte dir einmal verdeutlichen wie wichtig Freundschaft ist. Sowohl für das Kollektiv, als auch für das Individuum.

Denn in Freundschaften lernt das Indviduum Vertrauen und Geborgenheit außerhalb des „sicheren“ Umfelds Familie. Dies trägt enorm zur eigenen Lebensqualität bei, denn wer ständig Angst hat, vor lauernden Gefahren, der hat gar nicht erst die Möglichkeit, sich mit sich selbst zu befassen und sich um seine Stimmung zu kümmern. In diesem Sinne können Freundschaften auch Ängste lindern, indem Menschen ihre Gefühle mitteilen. Und dazu gehören auch Zukunftsängste über Viren, Klimawandel und Unwetter.

Auch die Harvard University meint nach Abschluss ihrer 75-jährigen Langzeitstudie: Die zufriedensten Menschen haben die qualitativsten Beziehungen bzw. Freundschaften (nicht die meisten!).5 Dies merken wir auch ganz unmittelbar an den Veränderungen in der Gefühlslage, an der Beeinflussung des Ernährungsverhalten u.v.m., wenn unsere Beziehungen gerade nicht so gut laufen oder stressig sind (bspw. auf dem Arbeitsplatz oder in der eigenen Beziehung).

Meine abschließende Frage: Wann hast du deinen Freunden das letzte Mal deine Wertschätzung gezeigt? Vielleicht bewirkt dies so einiges bei dir… aber auch im Kollektiv…

Literaturverzeichnis

1 Warrier, V., Grasby, K., Uzefovsky, F. et al. (2018). Genome-wide meta-analysis of cognitive empathy: heritability, and correlates with sex, neuropsychiatric conditions and cognition.Mol Psychiatry 231402–1409. https://doi.org/10.1038/mp.2017.122

2 Dewar, G. (2016). The social world of newborns: Why babies are born to learn from our sensitive, loving care. ParentingScience. URL: http://parentingscience.com/newborns-and-the-social-world/

3 Rätsch, C., Müller-Ebbeling, C. & Adelaars, A. (2006). Ayahuasca: Rituale, Zaubertränke und visionäre Kunst aus Amazonien. AT Verlag, 3. Auflage, S. 247 ff. ISBN: 3038002704.

4 Jaffe, A. & Jung, C.G. (1993). Erinnerungen, Träume, Gedanken. Walter. ISBN: 3530407348

5 The Harvard Gazette (2017). Good genes are nice, but joy is better. Health & Medicine. URL: https://news.harvard.edu/gazette/story/2017/04/over-nearly-80-years-harvard-study-has-been-showing-how-to-live-a-healthy-and-happy-life/

Ich habe diese seltsame Verbindung zu einer Frau namens Flore Celestine Thérèse Henriette Tristán y Moscoso (Flora Tristan). Erstmalig habe ich in meinem Werk „Die wahre Bedeutung der Kommunion – Kommunen als Modell zur spirituellen Weiterentwicklung“ aus gegebenem Anlass über sie geschrieben. Aber auch vorher haben sich schon interessante Parallelen zwischen uns aufgetan:

  • Wir beide haben am 7. April Geburtstag (1801/1998)
  • Wir beide heißen (offensichtlich) Tristan
  • Wir beide interessieren uns für Sozialismus und Frauenrecht
  • Uns beide verbindet die außergewöhnliche Leidenschaft für Peru (auch wenn ich noch nie da war, ich kann es mir kaum erklären)
  • Wir beide sind Schriftsteller (ihr erstes Buch veröffentlichte sie 1837, 37 ist eine Zahl zu der ich eine besondere Verbindung seit der Jugend pflege)
  • Wir beide sind gläubig
  • Die Beschreibungen ihres Charakters sind erstaunlich ähnlich zu meinem Charakter (ungestüm, häufig rational, wenn auch leidenschaftlich, ehrgeizig)

Ich möchte mich mit der Ähnlichkeit zu ihr in keiner Weise hervortun, sondern vielmehr aufzeigen, weshalb ihr Leben und Wirken mich so fasziniert: Ganz einfach, weil mich vieles von dem, was sie schreibt, berührt und ich mich in sie hineinversetzen kann. Und dafür kommen wir nun zu ihr.

Flora Tristan ist weitestgehend aus den deutschen Geschichtsbüchern verschwunden (falls sie je enthalten war), was dazu führt, dass die meisten Menschen sie nicht kennen. Da sie französisch-peruanischer Abstammung ist, ist sie etwas bekannter in Frankreich und Peru. In Lima (der Hauptstadt von Peru) gibt es beispielsweise die Flora Tristan Bibliothek. In Frankreich wurde mit ihr 1984 zu Ehren der Frauen eine Briefmarke bestückt. Wie in Portraitzeichnungen erkennbar, soll Flora Tristan eine recht schöne Frau gewesen sein (was aus Briefen mit Zeitgenossen und ihren Notizen hervorgeht).

Was viele nicht wissen: Ihr Enkel war der bekannte und eigentümliche Maler Paul Gauguin. Er kannte sie nicht, da sie bereits 1844 in Bordeaux starb, hatte aber auch nicht unbedingt positive Worte für sie übrig: „Wahrscheinlich konnte sie nicht kochen. Ein sozialistischer und anarchistischer Blaustrumpf.“ Dies lag vermutlich auch einfach daran, dass das Leben von Paul und Flora so unterschiedlich war. Einen guten Einblick gibt das Doppelportrait des Romans „Das Paradies ist anderswo“ von Mario Vargas Llosa. Vieles von dem, was Llosa schreibt ist historisch gut belegt, anderes, wie die Begegnung mit dem Finder des Kommunismus Karl Marx, ist wohl eher eine Fiktion.

Nun sollte direkt eine Frage aufflammen: Was war ihre Verbindung zu Marx? Unglaublicherweise hat sie in ihren Büchern den Grundstein für Marx‘ und Engels Kommunismus gelegt. Wenn wir das in der Schule gelernt hätten… aber in der Regel haben wir im Geschichtsunterricht noch nicht mal den Kommunismus in seiner fundamentalen Theorie behandelt, sondern eher im Zuge des Nationalsozialismus am Rande durch die Sowjet-Union mitbekommen.

Und wie kam es dazu?

Flora Tristan hatte ein recht anstrengendes und auch gefährliches Leben Anfang bis Mitte des 19. Jahrhunderts. Ihr Vater Mariano Tristán y Moscoso, ein peruanischer Adeliger, starb schon zu frühen Kindheitstagen. Weil die Ehe mit seiner Frau Anne-Pierre Laisnay nicht anerkannt wurde (ein offizielles Dokument gab es nicht), wurde Flora mit ihrer Mutter mittellos in Paris zurückgelassen. Ihre Mutter drängte sie aufgrund der Armut mit 15 eine Ausbildung in einer Graveurwerkstatt anzufangen und mit 18 eine Vernunftehe mit dem Arbeitgeber André Chazal einzugehen. Kurz und bündig: Chazal war eine toxische Persönlichkeit, die Flora mehrmals misshandelt und vergewaltigt hat. Da die Ehe jedoch gültig war, gab es für Flora keine Möglichkeit ihn anzuzeigen oder sich vor ihm durch das Gesetz zu schützen (Code Napoléon). Darum floh sie vier Jahre später in tiefster Schmach, wissentlich, dass sie damit im Ansehen ihrer Mutter und Zeitgenossen wohl zutiefst fallen würde. Man fragt sich aber auch, was Flora für eine Mutter hatte, denn sie bestand darauf die Ehe mit Chazal aufrechtzuerhalten, obwohl sie vom Missbrauch wusste. Nach dem Ehebruch schienen sich Mutter und Tochter wohl weitestgehend aus dem Weg zu gehen. Armut kann einen wohl weit treiben.

Mit Chazal hatte Flora drei Kinder (wohl unter Höllenqualen geboren), von denen nur Aline Chazal, die Mutter von Paul Gauguin, überlebte (Ernest und Alexandre starben früh). Um sich und ihre Tochter nun über Wasser zu halten (der Sohn, der zu dem Zeitpunkt noch lebte, blieb wohl beim Vater), arbeitete sie 5 Jahre lang als Reisebegleiterin (1825-1830). 1833 fasste sie dann den Entschluss mit dem Schiff nach Peru zu segeln, um von ihrem Onkel Don Pío Tristán y Moscoso etwas von dem Erbe ihres Vaters zu erhalten. Die Schiffsfahrt selbst erscheint für sie als Höllenfahrt: „Ich war völlig allein, verloren mitten im Ozean, krank, jeden Augenblick in Gefahr, einen grässlichen Tod zu erleiden, von den Beschimpfungen der groben Seeleute belästigt, in der abscheulichsten Lage, in der sich ein weibliches Wesen befinden kann“ (Sparre, 2012, S. 139).

Dabei entpuppt sich ihre gefährliche und lange Reise trotz der Mühe (teils) als Farce: Bis auf Höflichkeiten und eine geringe Entschädigung durch den Onkel erhält sie nicht viel. Sie darf ihm eine Zeit lang als Kriegsberaterin dienen (Peru war zu dem Zeitpunkt Kriegsgebiet zwischen den Provinzen Perus und deren Interessen) und hilft ihm später sogar in die Position des Generalgouverneurs. Doch zum Ausgleich erhält sie nur 2500 Francs pro Jahr (eine Umrechnung in heutige Standards gestaltet sich schwierig, die Summe scheint für damalige Verhältnisse jedoch nicht besonders viel gewesen zu sein, vllt. mehrere hundert Euros).

Flora hat jedoch einen ganz anderen Verdienst aus Peru erhalten: Durch die gesellschaftlichen Missstände wurde ihr Interesse für den Sozialismus geweckt. Dies führte dazu, dass sie ihre Notizen über die politischen und gesellschaftlichen Zustände in Peru zu einem Reisebericht ausformulierte und nach ihrer Rückkehr in Paris veröffentlichte. Die Beschreibungen der Frauen Limas („Tapadas“) decken sich mit denen, von dem bekannten Evolutionsbiologen Charles Darwin, der auf seiner Reise ein Jahr nach Flora Peru bzw. Lima besuchte. Laut Katharina Städtler sei Floras Reisebericht „die erste in Westeuropa erschienene kritische Studie der politischen, sozialen und kulturellen Realitäten der außereuropäischen Welt aus der Sicht einer Frau“ (Städtler, 2004, S. 129). Außerdem schrieb sie zeitgleich die Broschüre „Über die Notwendigkeit fremden Frauen einen guten Empfang zu bereiten.“ Der veröffentlichte Reisebericht führte erstmals dazu, dass sie Bekanntheit erlangte und in die „höheren Kreise“ von Paris eingeladen wurde. Dort lernte sie unter anderem George Sand kennen, die sie nicht sonderlich ausstehen konnte, da Sand sich als Mann ausgab, um als Schriftstellerin Erfolg zu haben. Sie lernte aber die Person selbst oder zumindest die Lehren des Charles Fourier, Prosper Enfantin und Victor Hugo kennen.

Sobald Chazal von Flora’s Rückkehr erfuhr, entführte er mehrmals die Tochter Aline (die während Floras Reise bei ihrer Großmutter lebte), ohne, dass Flora sich wehren konnte (sie war ja immer noch offiziell verheiratet). Außerdem wurde bekannt, dass Chazal Aline mehrmals unsittlich anfasste. Flora klagte ihn daraufhin an und erlangte das Sorgerecht für Aline. Am 20. Mai 1838 zeichnet Chazal einen Grabstein mit der Inschrift: „Die Paria. Es gibt eine Gerechtigkeit, vor der du fliehst, die Dich aber einholen wird. Ruhe in Frieden als Beispiel für diejenigen, die sich soweit vergessen, Deinen unmoralischen Geboten zu folgen […]“ (Sparre, 2021, S. 166). Aus Rache an Flora für das entzogene Sorgerecht schoss Chazal am 4. September 1838 mehrmals auf Flora und versuchte sie somit umzubringen. Die Kugeln trafen sie nahe des Herzens, wodurch sie sich kurzzeitig in Lebensgefahr befand und bis an ihr Lebensende unter der Verletzung litt. Ein Portier half ihr, sich zu retten. Glück im Unglück: Der Prozess und die Verurteilung Chazals zu Deportation und 20 Jahren Zwangsarbeit ermöglichten ihr endlich die Scheidung.

Nach ihrer Genesung und dem Gerichtsprozess stürzt sie sich wieder in ihre literarische Arbeit und verfasst weitere sozialkritische Bücher. Darunter auch ein Roman, in dem sie ihre Erlebnisse verarbeitet. Der Roman wird nicht sonderlich erfolgreich. 8 Monate nach dem Mordanschlag, am 10. Mai 1839, reist sie nach England und schreibt ihre Beobachtungen über die Zustände der englischen Arbeiterklasse nieder (noch fünf Jahre vor Friedrich Engels‘ Die Lage der arbeitenden Klasse in England): „Im Dickicht von London„. Ihr Mut in England bringt sie auch in gefährliche Situationen für eine Frau: Sie besucht das Parlament und verschafft sich Eintritt, indem sie sich als Mann verkleidet (Frauen war der Zutritt versagt), außerdem beobachtet sie, wie Arbeiter ihre Freizeit verbringen. Sie kritisiert, dass die harte und lange körperliche Arbeit entwürdigend sei und dazu führe, die freie Zeit damit zu verbringen, den eigenen Frust zu kompensieren. Dies geschehe nur allzu oft durch Demütigung (wie beispielsweise anhand des Beispiels der Freudenhäuser, in dem nicht selten Frauen wie Tiere und schlimmer behandelt werden). Außerdem wäre der Lohn so schlecht, dass viele Familien nicht wüssten, wie sie über die Runden kommen. Eine eingehende Behandlung der Themen Floras findet sich auch in meinem Buch „Die wahre Bedeutung der Kommunion“:

Für das beginnende 19. Jahrhundert war diese Unternehmung ein Spiel mit dem Feuer, denn damals waren Frauen in ihrer persönlichen Freiheit, durch die auf den Mann ausgelegten Gesetze, sehr stark eingeschränkt. Floras prägnante Beschreibungen über das damalige Dasein von Arbeitern und den Elendsvierteln in Frankreich, England und Peru waren nicht nur äußerst erschreckend, sondern wecken auch heute noch tiefes Mitgefühl. Sie geben nicht nur Denkanstöße für unsere heutige festgefahrene Sichtweise über Themen, die uns in der Schule als eindeutig und wahrhaftig beigebracht werden, sondern ermöglichen eine ungeahnte Dankbarkeit für den heute vielzählig als so selbstverständlich erachteten Lebensstandard. Eines ihrer bedeutendsten Themen war die Gegenüberstellung der Proletarier und Sklaven. Während der Sklave einen Lohn (Nahrung) für eine Dienstleistung erhält, an die er ausweglos gebunden ist, sind Proletarier in dem Glauben frei zu sein, da sie in ihrer Arbeit niemandem gehören, jedoch in den engen und unhygienischen Verhältnissen der Stadt mit ihrem Lohn für die Familie nur sehr geringe Überlebensmöglichkeiten haben und dadurch in ihrer Existenzangst der fortwährenden Apathie (Gleichgültigkeit) unterworfen sind. Flora Tristan beschreibt es als eine agonische Lebensweise (allmählicher Sterbeprozess), denn die Umstände der Proletarier des 19. Jahrhunderts lassen sich nicht mehr nur als Armut beschreiben, sondern vielmehr als grausames Elend. Es kommt nicht selten vor, dass Flora Tristan bei ihren Expeditionen auf Großfamilien trifft, die nicht nur kein Geld für Grundbedürfnisse wie Nahrung und Wasser haben, sondern auch bis auf einige Stofffetzen keine Kleidung besitzen, sich nicht waschen können und letzten Endes unter unhygienischen Bedingungen versterben, ohne den Nachkommen Überlebenschancen zu bieten. Müssten wir heutzutage, als aufgeklärte Menschen, unter diesen genauen Beschreibungen des bürgerlichen Elends, nicht die Schuldfrage stellen? Gab es jemanden, der bewusst die Arbeiter unterdrückt und sie glauben lässt, dass diese Zustände unvermeidlich seien?

Tristan Nolting, Die wahre Bedeutung der Kommunion, 2020

Für Flora war es zum damaligen Zeitpunkt undenkbar, dass die Arbeiter durch die Politik aus ihren sklavenähnlichen Verhältnissen befreit werden oder zumindest Unterstützung erhalten. Dies führte dazu, dass Flora Ende des Jahres 1843 bis 1844 mit der Postkutsche und mit dem Schiff kreuz und quer durch Frankreich reiste und Vorträge hielt, um die Arbeiter zu bewegen, sich gewerkschaftlich zu organisieren. Für sie ging die Gleichstellung der Frau und die Befreiung der Arbeiter Hand in Hand. Grundlage für ihre Reisen war das Werk „The Workers Union“ (Die Arbeiterunion), welche sie für den Selbstkostenpreis unter den Arbeitern verkaufte. „The Workers Union“ enthielt einen konkreten Plan zur Selbstorganisation der Arbeiter. Ihre Unternehmungen stießen in der Presse auf Spott und auch durch die Polizei musste sie sich schikanieren lassen. Schließlich starb sie am 14. November 1844 in einer Pension in Berdeaux (der Stadt, in der sie mit dem Schiff nach Peru aufbrach) an Typhus. Die Krankheit brach vermutlich durch die Erschöpfung aus, die sich im Laufe ihres Lebens, vor allem aber in den letzten Jahren, angesammelt hat. Ihr Wille war vermutlich stärker als ihr Körper. Sie wurde noch einige Zeit von ihrer Schülerin und späteren Biographin Éléonore Blanc gepflegt, bis sie unter Schmerzen verstarb. Es ist wirklich tragisch und zugleich interessant, wie gut Floras Geschichte dokumentiert ist. Ich kann jedem nur eine Leseempfehlung aussprechen, auch, um sich in die leidvolle Geschichte Floras hineinzuversetzen und ihre Ziele und Träume zu verstehen.

Was lernen wir also aus Floras Geschichte?

Flora hat Zeit ihres Lebens ihren Traum nicht verwirklichen können: Den Traum einer aufrichtigen Gemeinschaft, in der nicht nur die Interessen der Adeligen und Aristokraten zählen, sondern vor allem das Miteinander der Arbeiter / Bürger. Diesen Traum können wir ihr helfen zu erfüllen, indem wir Bekanntes und Beständiges bezweifeln. Ist unsere derzeitige Lage, die derzeitige COVID-19-Krise, nicht ein Aufruf an die Arbeiter sich unabhängiger zu machen? Ist die gesellschaftliche Spaltung nicht ein Aufruf, sich nicht von den Scharlatanen kontrollieren zu lassen, die uns erzählen wollen, was richtig und was falsch ist? Die Geschichte Floras zeigt doch, das wir nicht erwarten können, dass unsere Probleme von „oben“ gelöst werden. Vielmehr sollten wir unser Schicksal selbst in die Hand nehmen und eigenständig Lösungen schaffen, um das Zusammenleben auf dem Planeten Erde ein Stück weit harmonischer zu machen. Wer eine moderne Auffassung von „The Workers Union“ sucht, der wird mit „Die wahre Bedeutung der Kommunion“ gut bedient sein.

Danke fürs Lesen.

Tristan

Die Gefühle, das Gedankenspiel einer Frau bergen so große Kräfte in sich, eine Frau verfügt über solch immensen geistigen Reichtum!

Flora Tristan an ihre Freundin Olympe Chodzko

Literatur

Katharina Städtler: Literatura de viaje y género – Flora Tristán, Étienne de Sartiges y Johann Jakob von Tschudi en el Perú (1830-40). In: Sonja Steckbauer, Günther Maihold (Hrsg.): Literatura – Historia – Política. Articulando las relaciones entre Europa y América Latina. Vervuert, Frankfurt am Main 2004. ISBN 3-86527-182-0. S. 127–136. Zitat S. 129.

Susanne Knecht: Flora Tristan und Lady Callcott. Die zweite Entdeckung Lateinamerikas. Europäische Verlagsanstalt, Hamburg 2004. ISBN 3-434-50573-3. S. 157.

Florence Hervé (Hrsg.): Flora Tristan oder: Der Traum vom feministischen Sozialismus. Dietz, Berlin 2013, ISBN 978-3-320-02293-8.

Arbeiterunion. Sozialismus und Feminismus im 19. Jahrhundert, ISP-Verlag, Frankfurt am Main 1988, ISBN 3-88332-128-1.

Im Dickicht von London oder Die Aristokratie und die Proletarier Englands, ISP-Verl., Köln, 1993, ISBN 3-929008-20-3.

SparreSulamith: „Hier bin ich, die Wegweisern“ Flora Tristan (1803-1844), Feministin, Sozialistin, Schriftstellerin. Schneekluth Verlag Kg, 1997. ISBN: 3-936049-60-2.

Verlustängste: Jeder von uns hat sie. Und aus gegebenem Anlass möchte ich dieses Thema kurz auf meinem Blog anschneiden.

Verlustängste entstehen aufgrund der Angst vor einem Mangel oder einem Defizit. Das ICH oder SELBST hat demnach Angst davor sich selbst zu verlieren, unvollständig zu sein oder einen Teil von sich selbst abzugeben. Weniger wird mit der Verlustangst die Angst vor dem Verlieren (eines Wettbewerbes) gemeint, auch wenn dies ebenfalls unter Verlustangst gefasst werden kann. Letztlich kann die Verlustangst auch als Angst aufgefasst werden, bei dem das ICH Angst hat, weniger es SELBST zu sein.

Auf geistiger Ebene ist dies natürlich unsinnig, denn auf der Reise unseres Lebens werden wir bzw. unser ICH immer mehr zum SELBST, da wir erkennen, was wir sind und was wir nicht sind. Vollzieht sich ein geistiger Wandel, so merken wir, dass wir nicht unser Körper sind, nicht unsere Freunde sind, nicht die Welt an sich sind, sondern immer ein Teil des Ganzen. Wir sind Geist UND Körper, wir sind ich UND du, wir sind Träumer UND Traum, wir sind Subjekt UND Objekt. Verlustsituationen sind die ersten Erfahrungen, die dem Menschen seine materielle Trennung aufzeigen (eine Erfahrung die erstmals mit der Geburt gemacht wird) und ihn dazu ermutigen, die geistige Gemeinsamkeit zu suchen. Interessanterweise passiert auch häufig das genaue Gegenteil von Trennung, wenn ein Mensch eine Nahtoderfahrung macht (die meisten Menschen berichten von überwältigender Fülle, Liebe und Einheit).

Wird die eigene Angst vor Situationen gepflegt, in denen das ICH sich materiell von anderen/anderem abgrenzen muss und nicht akzeptieren kann, dass es ein autarkes Lebewesen ist, so kann durchaus auch von einer Angst vor Veränderungen gesprochen werden. Und, so schließt sich der Kreis, die wohl größte und jeden Menschen betreffende Veränderung ist die Geburt und der Tod (in der Transpersonalen Psychologie gilt die Geburt als URTRAUMA, der Tod als METAMORPHOSIS)

»Zu leben lernen, muss man über das ganze Leben hin, indes worüber du dich noch mehr wundern magst, das ganze Leben musst Du sterben lernen.«

Seneca

Was wir uns nun aus diesen recht abstrakten Ausführungen merken können:

  • Wir alle müssen leidvolle und schmerzhafte Erfahrungen machen, die uns näher an unser SELBST bringen
  • Einsamkeit ist der Weg in die ALL-EINS-HEIT (Einsam vs. Allein)
  • Wir können uns gegenseitig Trost spenden und uns über unsere Erfahrungen hinweghelfen, indem wir uns zuhören und füreinander da sind

In der jetzigen aufbrausenden und turbulenten Zeit brauchen wir eine starke Gemeinschaft, die sich nicht von falschen Idealen lenken lässt, sondern die die Freude am miteinander und einer wirklich bodenständigen Spiritualität wiederfindet.

Auch spirituelle Menschen sind nicht von Leid ausgenommen. Im Gegenteil: Ich sehe, dass spirituelle Menschen weit häufiger auf eine Vertrauensprobe gestellt werden, die zeigen soll, ob das Vertrauen in den großen Geist noch intakt ist und praktiziert wird. Verlusterfahrungen bringen uns häufig in Zweifel, ob dies überhaupt einen größeren Sinn haben kann und auch, wie Gott (lat. Spiritus) dies überhaupt zulassen kann (s.a. Theodizee-Frage, welche von den meisten Religionen unterschiedlich beantwortet wird).

Und dann fällt mir die Geschichte von Hiob aus der Bibel ein (bekannt auch durch die „Hiobsbotschaft“). Die Geschichte kenne ich noch aus der Zeit als Kind, als ich hin und wieder in der Kirche war und am Kindergottesdienst teilgenommen habe. Ich bin kein Fan des Christentums oder der Bibel, aber manche Geschichten (und Gleichnisse) lassen mich bis heute staunen. Und mit dieser Geschichte möchte ich diesen Blogbeitrag schließen und zum Nachdenken anregen.

Hiobs Prüfung

Bibeltext: Hiob 1-2 (Quelle der Kurzversion)

Das Gute haben wir von Gott angenommen, sollten wir dann nicht auch das Unheil annehmen?

„Wärst du gerne reich? Ich meine, so richtig reich? Hiob war der reichste Mann weit und breit. Er lebte im Land Uz und dort gab es niemanden, der so reich war wie Hiob. Er hatte große Herden an Tieren. 7000 Schafe hatte er, 3000 Kamele, 1000 Rinder und 500 Eselinnen. Und natürlich hatte er viele Knechte, die sich um diese Tiere kümmern. Hiob ging es gut. Gott hatte Hiob viel Reichtum geschenkt. Und Hiob liebte Gott. Er war Gott dankbar für alles, was er hatte. Für seinen Besitz, aber auch für seine Kinder. Hiob hatte 7 Söhne und 3 Töchter. Hiob liebte Gott und er tat, was Gott gefiel, er war wirklich gottesfürchtig. Manchmal machte er sich Sorgen, dass seine Kinder gesündigt haben könnten. Die Kinder trafen sich oft und feierten zusammen. Hiob wusste ja nicht, was dort geschah. Deshalb opferte er nach ihren Festen immer Brandopfer für jedes seiner Kinder. Er bat Gott: „Falls sie gesündigt haben, dann vergib ihnen bitte.“ So war Hiob. So sehr liebte er Gott. Wie sehr liebst du Gott? Gott hat so viel Gutes für dich getan. Er hat die Welt gemacht, er hat deine Familie gemacht, er hat dich gemacht. Er schenkt dir jeden Tag die Luft zum atmen, er sorgt für dich, er liebt dich. Was tust du? Liebst du Gott? Ist dir Gott wichtig? Hiob liebte Gott.

Aber manche sagten: „Hiob ist nur so gottesfürchtig, weil er so viel Reichtum von Gott bekommen hat.“ Satan selbst behauptete das. Er sagte zu Gott: „Hiob liebt dich nur, weil du ihn so reich beschenkt hast. Wenn er seinen Besitz verlieren würde, dann würde er dich nicht mehr lieben.“ Gott erlaubte Satan, Hiob zu prüfen: „Du kannst tun, was du willst, aber du darfst Hiob selbst nichts tun.“

So kam es, dass ein paar Tage später ein Bote zu Hiob kam. Es war einer seiner Knechte, der auf die Tiere aufpasste. Er kam sehr schnell gerannt. Hiob sah ihn schon von weitem. Er wunderte sich: „Was ist denn mit ihm los. Er sieht ganz verängstigt aus.“ Der Knecht kam näher und blieb schließlich erschöpft vor Hiob stehen. „Hiob“, stammelte er, „Hiob, es ist etwas schreckliches passiert.“ „Was ist denn los?“, wollte Hiob wissen. „Wir waren bei den Weiden“, begann der Knecht zu erzählen. „Wir haben auf die Rinder und auf die Eselinnen aufgepasst. Da kamen plötzlich Feinde aus Saba und haben uns überfallen. Sie haben alle Tiere geraubt und deine Knechte getötet. Nur ich hab es geschafft zu entkommen. Deshalb bin ich sofort zu dir gerannt, um es dir zu erzählen.“

Hiob musste sich setzen. Hiob hatte viele Rinder und Eselinnen, wisst ihr noch, wie viele? 1000 Rinder und 500 Eselinnen. Sie waren jetzt alle weg und die Knechte waren getötet worden. Das war keine gute Botschaft. Es war eine sehr schlechte Botschaft. Eine Hiobsbotschaft. So sagt man dazu, wenn man eine sehr schlechte Nachricht bekommt. Jetzt weißt du auch warum. Hiob hatte eine schlechte Nachricht bekommen. Gerade hatte er sich wieder etwas davon erholt, kam ein anderer Knecht Hiobs angerannt. Schon von weitem rief er aufgeregt: „Hiob!“ Hiob beruhigte ihn: „Was ist denn los?“, fragte er. „Hiob, wir haben auf die Schafe aufgepasst“, stammelte der Knecht. „Da kam plötzlich ein Feuer vom Himmel. Die Schafe und alle Knechte sind gestorben. Alle, nur ich habe überlebt.“ Noch während der Knecht redete, kam schon ein dritter Knecht. Auch er hatte schlechte Nachrichten: „Hiob, wir haben die Kamele gehütet. Aber dann kamen die Chaldäer und haben uns angegriffen. Sie kamen von drei Seiten. Wir hatten keine Chance. Sie haben alle Kamele mitgenommen und alle Knechte getötet. Nur ich konnte entkommen.“

Drei Hiobsbotschaften auf einmal. Das war viel. Stell dir vor, du bekommst schlechte Nachrichten. Vielleicht wird dein Fahrrad geklaut, oder jemand macht dein Lieblingsspielzeug kaputt. Wie reagierst du dann? Wahrscheinlich bist du traurig. Aber was tust du dann noch? Schimpfst du auf Gott? Liebst du Gott nicht mehr? Weist du noch, was Satan über Hiob gesagt hat? Er sagte: „Hiob liebt Gott nur, weil Gott ihm so viel Reichtum geschenkt hat.“ Liebst du Gott nur, weil es dir gut geht? Oder liebst du Gott auch noch, wenn du eine schlechte Nachricht bekommst.

Hiob hörte nicht auf, Gott zu lieben. Er liebte Gott auch im Leid. Er wusste, dass Gott wichtiger war, als aller Reichtum, den er hatte. Aber es ging sogar noch weiter. Kurze Zeit später kam ein vierter Bote. Auch er brachte eine Hiobsbotschaft: „Deine Söhne und Töchter waren im Haus ihres ältesten Bruders. Dort haben sie gefeiert. Aber dann kam ein Orkan. Das ganze Haus ist in sich zusammengestürzt. Alle sind gestorben.“ Erst Hiobs Reichtum, und jetzt auch noch Hiobs Familie. Alles war weg. Hiob war traurig. Er war sehr traurig, er war verzweifelt. Stell dir vor, deine ganze Familie stirbt. Das ist schlimm. Hiob zerriss seine Kleidung um damit seine Traurigkeit zu zeigen. Und dann fiel er auf die Erde nieder. Er fiel vor Gott nieder und er betete.

Wenn du Leid erfährst, dann schimpfe nicht auf Gott. Dann bete zu Gott. Du kannst Gott alles Leid sagen. Du kannst Gott sagen, wie weh es dir tut und wie traurig du bist. Du kannst Gott sogar sagen, wenn du wütend auf ihn bist. Sag Gott alles, aber höre nicht auf, Gott zu lieben. Denn gerade im Leid ist Gott da, gerade im Leid hilft er dir. Gerade im Leid liebt er dich. Liebe Gott auch im Leid.

Hiob betete. Und er war Gott weiter gehorsam, er liebte Gott weiter, auch im Leid. Er sagte: (Hiob 1,21 lesen): „Ich bin nackt von meiner Mutter Leibe gekommen, nackt werde ich wieder dahinfahren. Der HERR hat’s gegeben, der HERR hat’s genommen; der Name des HERRN sei gelobt!“ Ich glaube, Hiob konnte das sagen, weil er Gott vertraute. Er wusste, Gott liebte ihn. Deshalb konnte er Gott auch im Leid weiterlieben.

Satan hatte nicht Recht gehabt. Hiob liebte Gott nicht nur wegen seinem Reichtum. Gott zeigte es Satan. Aber der hatte schon wieder eine neue Idee: „Hiob liebt dich doch nur, weil er noch gesund ist, wenn er auch noch krank wäre, dann würde er dich nicht mehr lieben.“ Wieder erlaubte Gott Satan, Hiob zu prüfen. Manchmal erlaubt Gott Dinge in unserem Leben und wir wissen nicht warum. Manchmal will uns Gott etwas durch Leid zeigen. Manchmal leiden wir, weil wir einfach in einer Welt ohne Gott leben und es da viel Schlechtes gibt. Aber immer kannst du Gott vertrauen, weil er dich liebt. Deshalb liebe Gott auch im Leid weiter.

Hiob hatte alles verloren. Und nun wurde er auch noch krank. Vom Kopf bis zu den Füßen bekam er Geschwüre auf der Haut. Es tat weh und es juckte schrecklich. Hiob nahm sich sogar eine Tonscherbe um sich damit zu kratzen. Er litt schrecklich. Es ging ihm wirklich schlecht. Er saß auf der Erde in der Asche und konnte eigentlich gar nichts mehr tun. Hiobs Frau litt auch mit ihrem Mann. Sie hatte gesehen, was alles passiert war. Und sie war natürlich auch traurig über alles. Aber Hiobs Frau war auch sehr wütend auf Gott. Sie schimpfte: „Warum glaubst du immer noch an Gott? Warum liebst du Gott immer noch. Sage Gott ab und dann kannst du in Ruhe sterben.“ Hatte sie nicht Recht? Hatte Hiob überhaupt noch einen Grund, Gott zu lieben? Ja, er hatte es. Wisst ihr noch, was er vorher gesagt hatte: „Der Herr hat’s gegeben, der Herr hat’s genommen; der Name des Herrn sei gelobt.“ Hiob wusste, dass alles, was er vorher hatte, ein Geschenk von Gott war. Aber er wusste auch, obwohl diese Geschenke Gottes nun weg waren, liebte Gott ihn immer noch. Hiob konnte Gott vertrauen. Das sagte er auch seiner Frau: „Du redest Unsinn. Wir haben so viel Gutes von Gott empfangen, warum sollten wir dann jetzt aufhören Gott zu lieben, nur weil es uns schlecht geht?“

Hiob hatte einen starken Glauben, er vertraute Gott. Deshalb konnte er Gott auch im Leid weiter lieben. Hiob war Gott weiter gehorsam und redete nicht schlecht über Gott. Hättest du das auch getan? Bist du bereit, Gott auch im Leid zu lieben? Wenn du weißt, dass er dich immer liebt und immer bei dir ist, dann kannst du Gott auch im Leid lieben.“

Ich sage es immer wieder: Wir leben in einem sehr verwirrenden Zeitalter. Es scheint so, als ob jeder die Wahrheit kennen würde und dennoch falsch liege. Jeder verbreitet Informationen, aber kaum jemand hat die Zeit, diese Informationen zu überprüfen. Dazu fehlt es sowohl an Zeit, als auch an relevanten Vorerfahrungen und dem eigenen Bauchgefühl.

In der allgemeinen Medienlandschaft ist es auch schlichtweg ein wenig wie im Mittelalter – wir sehen Methoden der Diffamierung, Stigmatisierung und Skandalierung, die dazu dienen, Menschen zu verleumden, die eine alternative Meinung besitzen.

Insofern unterscheiden wir uns auch bis auf die angewandten Methoden gar nicht so sehr von der mittelalterlichen Hexenjagd. Möglicherweise verbrennen wir die Andersdenkenden nicht mehr, aber in vielen Fällen verlieren sie ihren Job, was einem Todesurteil gleichkommen würde, wie auch der bekannte deutsche Physiker Hans-Peter Dürr bemerkte.

„Die Wissenschaft ist heute die Inquisition“.

Hans-Peter Dürr

Insofern hat die ursprünglich der Freiheit und Wahrheit verpflichtete Wissenschaft heute die Rolle der Religion eingenommen. Ein Wissenschaftler, der nicht dem allgemeinen Konsens der Wissenschaft folgt, wird belächelt und teilweise sogar aus der wissenschaftlichen Community ausgestoßen. Dabei waren es immer die Querdenker in der Wissenschaft, die für Umbruch und Fortschritt gesorgt haben. Wie sollte sonst auch ein Umdenken entstehen, wenn nicht durch die Akzeptanz, dass die vorherrschenden wissenschaftlichen Theorien nicht ausreichend sind und es womöglich auch niemals sein werden, um die Wirklichkeit zu erklären?

Genauso ist es auch in Politik und Gesellschaft. Was, wenn die Demokratie nicht mehr ausreichend ist und stattdessen eine Reform benötigt werden würde, um die neu entstehenden Bedürfnisse der Gesellschaft zu befriedigen? Was, wenn die Politiker einen fatalen Job in der Krise erledigen? Was, wenn die Intoleranz langsam aber sicher die Oberhand gewinnt und alle Probleme manifestiert, die sich seit Jahrzehnten in uns einbrennen, anstatt, dass die Toleranz unsere Probleme löst?

Einige Beispiele für die Intoleranz des aktuellen Geschehens:

  • Markus Söder spricht von einer Impfpflicht für Pflegepersonal – dies entspricht dem Zwang, der durch die Intoleranz über die aktuellen gesellschaftlichen Zustände geprägt wird. Gleichzeitig warnt er vor einer Terrorzelle, die durch Protestgruppen gegenüber der aktuellen Politik entstehen. Na, wie kommt denn das?
  • Wissenschaftler wie Sucharit Bhakdi, einst wegen seiner Dienste in der Erforschung des Immunsystems geschätzt, werden nun von „faktencheckern“ als Verschwörungstheoretiker diffamiert. Der Höhepunkt: Der Schmähpreis „Goldenes Brett vorm Kopf“ wird Sucharit Bhakdi verliehen. Das Prof. Dr. Bhakdi gleichzeitig auch den Verdienstorden des Landes Rheinland-Pfalz trägt, wirkt ironisch.
  • Ein Zahnarzt aus Bayern droht mit Gehalts-Aus bei Verweigerung von Corona-Impfung – Kritische Abwägung scheint unerwünscht.
  • Auf die Frage des Journalisten Boris Reitschuster, warum die WHO-Studie von Stanford-Professor Ioannidis nicht in der Politik beachtet werde und welche Studien die aktuelle Lockdown-Politik rechtfertigen, geht die Sprecherin auf der Bundespressekonferenz überhaupt nicht ein (auch nicht nach Rückfrage).
  • Stichwort Cancel Culture: Immer mehr Kabarettisten (wie etwa Lisa Eckhart) werden wegen ihrer „Political Incorrectness“ von Veranstaltern ausgeladen.
  • Karl Lauterbach wird der Apokalyptiker der Jahre 2020 und 2021. Er spricht von 250.000 Toten ohne Maßnahmen. Solche offensichtlich unwissenschaftlichen Aussagen (s. Schweden verhängt keinen Lockdown oder Maskenpflicht und haben trotzdem kein exponentielles Wachstum) führen weiter in die Spaltung, Zwietracht und Intoleranz.

Ich verstehe aber auch die Schwierigkeiten, in denen sich die Politiker aktuell befinden. Bei denen sie alles rechtfertigen müssen, was sie tun. Und falls sie sich mal geirrt haben sollten, dass sie dies auch nur ungern öffentlich kenntlich machen würden. Aber dies bleibt unerlässlich, wenn wir uns eine funktionierende Demokratie in Deutschland nennen wollen. Andernfalls sind wir bestenfalls eine sich selbst erhaltende Wahl-Oligarchie, wie der emeritierte Prof. Dr. Rainer Mausfeld die Politik nannte.

Ich denke, dass wir 2021 an einen Punkt angelangt sind, an dem wir mit unserem Denken nicht mehr weiterkommen. Es gibt so viele Probleme, die sich in den letzten Jahrzehnten bis Jahrhunderten in unser Denken eingebrannt haben, dass wir entweder ein komplettes Umdenken brauchen oder gar nicht mehr Denken sollten. Etwas ähnliches berichtete auch der Philosoph Alan Watts 1971.

Wir verstehen alles durch Zahlen und Buchstaben, aber was, wenn dies nicht ausreicht?

Wenn diese Kommunikationssysteme nicht ausreichen, um die Welt zu erklären und zu verändern? Und was, wenn die Welt schon gut so ist, wie sie ist?

Vielleicht müssen wir gar nicht ständig etwas verändern und umbauen. Vielleicht ist es an der Zeit, dass wir uns ändern?

Sobald diese Einsicht entsteht, dass alles gut so ist, wie es ist, tritt Entspannung ein. Diese Entspannung lehrt uns, dass wir alles haben, was wir brauchen. Sie lehrt uns, dass wir nicht immer noch mehr nehmen müssen, sondern auch etwas zurückgeben können – und, dass dies sogar noch wohltuender ist, als nur zu nehmen.

Der deutsche Psychiater Erich Fromm hat mit seinem Buch Haben oder Sein? (1976) einen ersten Wink mit dem Zaunpfahl unternommen. Seine Konsum- und Gesellschaftskritik beruht im Grunde genommen auf der Verschiebung der menschlichen Bedürfnisse vom Sein in Richtung des Habens (eine Entwicklung, die in den fernöstlichen Ländern genau entgegengesetzt zu sein scheint). Das Ungleichgewicht zwischen Haben und Sein bringt somit nach seinen Beobachtungen eine Gesellschaft notorisch unglücklicher Menschen hervor.

Nun wird diese Einstellung Fromm’s nachdenklich machen. Vor allem, wenn man selbst beginnt die Gestik und Mimik von Personen in der Öffentlichkeit zu studieren. Dies führt zur Erkenntnis, dass all der Wohlstand und auch die Technologie uns nicht glücklicher machen. Womöglich führt dies sogar zur Erkenntnis, dass wir uns darin verlieren.

Letztlich könnten wir als Gesellschaft sogar feststellen, dass wir den eigentlich Sinn des Lebens verfehlt haben: Zwischenmenschlichkeit, Liebe, Transzendenz. Und wir haben diese Werte durch Ungleichheit, Intoleranz und Internet/Technolgie ersetzt.

Wo wollen wir also hin?

Das kann jeder nur für sich selbst wissen. Einen Anstoß hierzu kann der einfühlsame Naturphilosoph Jochen Kirchhoff liefern. Sein Studium der Wissenschaftsgeschichte machen ihn zu einem wertvollen Denker, der einem wertvolle Impulse liefern kann, wenn man denn nur zuhören kann.

Und zuhören zu können, das ist eine Kunst. Eine Kunst, die vielleicht ein wenig mehr Toleranz in die Welt bringen kann.

Herzlich
Tristan

Stehen wir vor einer Wende?

Gestern, am 21. Dezember 2020, wurde vielfach von Medien darüber berichtet, dass Jupiter und Saturn sich sehr nahe ständen. Wie nicht anders zu erwarten, wurde jedoch nur das „Sichtbare“ geschildert und nicht die geistigen Auswirkungen dieses Events. Beobachtung erfolgt schließlich nicht nur auf visueller Ebene (was sich am 21.12. aufgrund des Wetters sowieso als schwierig gestaltet hat). Dies war mir jedoch klar, da unsere Wissenschaft nicht wirklich Interesse an geistigen und subjektiven Phänomenen hat.

Darum beschäftige ich mich in diesem Beitrag einfach mal mit den geistigen Auswirkungen der „großen Konjunktion“ (Annäherung am Sternenhimmel) von Jupiter und Saturn. Es wird spannend für dich.

Bevor mich nun die ersten Leser in die New-Age Schublade stecken, möchte ich noch einmal die Urteilsfreiheit betonen. Du musst mir nicht glauben, was ich hier schreibe, aber du kannst dir zumindest erlauben, Anregungen von mir zu erhalten. Und es gibt bei diesem Thema ein Argument für mich, das muss ich so klar sagen, welches sofort die Meinung entkräftet, dass die Planeten und deren Konstellation keine Auswirkungen auf den menschlichen Geist haben.

Schau dir mal den Mond an. Der Mond ist laut Forschern winzig klein, er zählt noch nicht einmal als Planet, sondern nur als Satellit (astronomisches Objekt bzw. Trabant, dass ein anderes Objekt mit größerer Masse umkreist). Und obwohl der ☾ so winzig klein ist, hat er trotzdem die Kraft die Gezeiten auf der Welt zu beeinflussen. Ohne Mond entsteht auch kein Ebbe und Flut. Der Mond zieht das Wasser an wie ein Magnet.

Die wissenschaftliche Perspektive geht jedoch durchaus noch weiter: Ohne Mond kein Leben. Wir brauchen den Mond ebenso sehr, wie die Sonne. Der Mond stabilisiert die Rotationsachse und das Klima. Die Sonne sorgt für die notwendige Wärme und das Licht. Außerdem ist, wie wir inzwischen wissen, eine unglaubliche Feinabstimmung notwendig, damit die Planeten und deren Satelliten in ihren jeweiligen Umlaufbahnen bleiben und das Leben auf der Erde weiter existieren kann. Hinzu kommen noch viele andere astronomische Faktoren, allerdings sei an dieser Stelle nur nochmal bekundet, welches Wunder es eigentlich ist, dass wir alle am Leben sind. Die mathematische Wahrscheinlichkeit dafür ist fast gleich 0. Zumindest aus materialistischer Perspektive.

Wer nun glaubt, dass die anderen Planeten keinen Einfluss auf unser Leben haben, der unterliegt lediglich den eigenen Glaubenssätzen. Die Astrologie ist möglicherweise gar nicht so fernab der Wirklichkeit, wie viele bekennende Skeptiker glauben mögen. Schauen wir uns dazu auch einfach mal die Verbindung zwischen Planeten und Erdmetallen an.

Planeten & Metalle

In der römischen Mythologie (wie auch der griechischen Mythologie) erhielten die Planeten die Namen der Götter. Dies schien jedoch nicht wahllos zu geschehen, sondern mit einem intuitiven Gespür dafür, welche Kraft die jeweiligen Planeten auf unseren Geist und unseren Körper ausüben. Dafür gebe ich dir nun eine entsprechende Textpassage aus meinem Buch Odyssee im 21. Jahrhundert frei, die sich mit der Verbindung zwischen dem Planeten Mars und dem Mineralstoff Eisen beschäftigt.

„Nehmen wir als Beispiel den Planeten Mars und das dazugehörige Element Eisen: Der Kriegsgott Ares (röm. Mars) ist nach der griechischen Mythologie die Verkörperung für die Willenskraft und des Krieges, welche sich im Leben besonders durch Konfrontationen und Durchhaltevermögen zeigt. Wer keine Willenskraft hat, der fühlt sich auf geistiger Ebene energielos und schlapp. Natürliche Aggressivität ist ein normaler Bestandteil der Natur, der auf das Überleben, das Bewahren der eigenen Dominanz, ausgerichtet ist. Wer die Tapferkeit [als Tugend] erlangen möchte, der muss sich in gewissem Rahmen auch seine angeborene Aggressivität  erhalten. Auf körperlicher Ebene offenbart sich das Fehlen der Aggressivität durch Eisenmangel (Anämie) im Blut. Frauen sind häufiger von Anämien betroffen als Männer.[i] Durchsetzungsvermögen ist eher eine typisch männliche Eigenschaft, weshalb Ares auch als Sinnbild männlicher Kraft und Schönheit gilt.“

Weitere Beispiele für Analogien zwischen Mineralstoffen und deren Verbindungen zu den Planeten findest du in der folgenden Tabelle oder in meinem Buch (z.B. im Falle des Kupfers).

Was geschieht nun aktuell?

Jupiter und Saturn kommen sich sehr nahe. Dies geschieht etwa alle 20 Jahre. So nah, wie am 21. Dezember 2020 waren die Planeten jedoch vermutlich zuletzt im Jahr 1623.

Auf geistiger Ebene haben wir hier zwei Symbole die sich treffen: Das Glück bzw. die Fügung, verkörpert durch Jupiter und die Themen Zeit bzw. Tod verkörpert durch Saturn. Zugleich sind die zugeordneten Organe die Leber (Jupiter) und die Knochen bzw. Haut (Saturn).

Hierbei ist recht interessant, dass die astronomische Begegnung von Jupiter und Saturn auf die Schöpfungsgeschichte der griechischen Mythologie („Theogonie“ von Hesiod) um den Kampf der Götter und Titanen übertragen werden kann. Kurze Zusammenfassung:

Die Anführer beider Lager, Zeus (Jupiter) und Kronos (Saturn), liefern sich in der Geschichte einen erbitterten und zwieträchtigen Kampf, bis Zeus seinen Vater Kronos und die anderen Titanen in den Tartaros (tiefste Region der Unterwelt) einsperrt.

Dieser Mythos ist durchaus auf unsere heutige Zeit übertragbar – wenn auch mit Vorsicht. Wir erleben gerade wieder einmal einen erbitterten Kampf zwischen den verschiedenen Aspekten des menschlichen Geistes, der sich auch auf das Zwischenmenschliche überträgt. Saturn (Kronos) als Herrscher und Sicherheitsgarant, sowie Jupiter (Zeus) als Schützer und Ordner liefern sich alle 20 Jahre einen Kampf über die Vorherrschaft im menschlichen Geist. Nun bleibt die Frage offen – wer gewinnt diesen ständigen metaphorischen Kampf?

Gewinnt Jupiter, so stehen uns glückliche Zeiten bevor, die vielleicht auch entgiftend und reinigend wirken (s. Tabelle, Jupiter als Verbindung zur Leber.). So könnten alte Wunden heilen und eine neue Zeit des Friedens entstehen.

Gewinnt Saturn, werden die Hauptthemen der nahen Zukunft Zeit und Tod. Womöglich wird die Unbarmherzigkeit und das Mistrauen auch stärker ausgeprägt. Das Tod ist aber auch schon jetzt ein Thema, wie wir alle spüren. Die Frage ist nur, ob wir den Tod auch gesellschaftlich annehmen können.

Ich formuliere dies deshalb auch so eindeutig, weil ich den Zwispalt der Menschheit auch in der aktuellen Pandemie sehe. Hierzu hatte ich auch einen Beitrag über das Thema Freiheit oder Sicherheit? verfasst. In der nächsten Zeit wird sich für mich entscheiden, ob wir den Weg der Toleranz und des Gleichgewichts gehen oder, ob wir uns weiter in Extremen verlieren. Und ob wir einmal mehr in der Geschichte der Menschheit entzweit werden.

Es gibt viele astronomische Konstellationen, die in ihrer Bedeutung für den menschlichen Geist höchst interessant sind. Ein Beispiel hierfür ist der Lunisolarkalender. Laut dem Kalender wandern Mond und Sonne genau 33 Jahre, bis sie wieder am selben Punkt zueinanderstehen, wie 33 Jahre zuvor. Nach 33 Jahren sollen sich auch die Geschehen auf der Erde wiederholen – zugleich könnte man diesen Zyklus mit einer neuen menschlichen Generation gleichsetzen. Holger A. L. Faß schreibt hierzu:

Im spirituellen Sinn erscheint mir dieser Jahrgangs-Rhythmus einleuchtender als die sonst häufig zitierte alle 20 Jahre stattfindende Begegnung von Jupiter und Saturn. Während der Jupiter-Saturn-Zyklus mehr die konkreten Verhältnisse zwischen Wachstum und Beschränkung, zwischen Hybris und Meisterschaft anzeigt, weist der 33-Jahre-Rhythmus von Sonne und Mond auf die jeweilige Geist-Seele-Verbindung der entsprechenden Generation hin.

Aus Sicht der Numerologie ist die Zahl 33 als beginnender Generationenwechsel kein Zufall. Viele Kulturen schätzten die 3er-Zahlenfolge (3,6,9) als Zahlen der Harmonie und Natürlichkeit ein. So bilden Numerologen aus Zahlenkombinationen (wie dem Geburtsdatum) Quersummen – so lange, bis eine einzige Ziffer übrig bleibt. Ausnahmen werden bei den Zahlen 11, 22 und 33 gemacht. Dabei gilt die 33 als weiseste und sehr weit fortgeschrittene Zahl. Sie verkörpert hohe Spiritualität und wird daher auch als „Meisterzahl“ bezeichnet.

Bei mehr Interesse an astrophysikalischen Themen empfehle ich dir meinen Freund Dipl. Astrophysiker Robert Sarkis-Karapetians. Er hat in zwei Interviews bei Radio Berg im November über kommende astrophysikalische Ereignisse gesprochen. Und dabei hat er auch noch über den Tellerrand geblickt und die Ereignisse ins große Ganze (z.B. Maya-Kalender) eingebunden. Vielleicht ist es am Anfang nicht ganz leicht zu verstehen, aber dafür empfehle ich dir unbedingt beide Interviews anzuhören. Und auch das Interview mit Dieter Broers ist sehr spannend.


Interview 1

Interview 2


Interview mit Dieter Broers

https://www.youtube.com/watch?v=yHU42EWXVmw

Hoffen wir auf ein klärendes, friedvolles und empfindsames Jahr 2021.

Bis bald,
dein Tristan.


Literaturverzeichnis

[i]TD Johnson-Wimbley und DY Graham “Diagnosis and management of iron deficiency anemia in the 21st century” Therapeutic advances in gastroenterology vol. 4(3): S. 177-184 (2011).